„Als ob hier jemand alle Supermärkte ausräumte“

Von Martina Kopf · · 2007/07

Mit Ende des Krieges hat der große Run internationaler Holzfirmen auf die Regenwälder des Kongo eingesetzt. Der Biologe und Umweltschützer René Ngongo und Indigenen-Vertreter Adrien Sinafasi informierten auf einer Tour durch Europa über die verheerenden Methoden der Holzindustrie. Mit ihnen sprach Südwind-Redakteurin Martina Kopf.

Südwind: Wenn man von der Ausbeutung natürlicher Ressourcen in der Demokratischen Republik (DR) Kongo spricht, denkt man eher an Bodenschätze, weniger an die Abholzung des Regenwaldes.
René Ngongo:
Die Wälder im Kongo wurden bisher paradoxerweise durch den Krieg geschützt, da der Zugang schwierig war und es keine Infrastruktur gab. Das ist heute anders. Vor zwei Jahren hat man angefangen, die Verkehrswege mit Unterstützung der EU und der Weltbank wieder aufzubauen. Jetzt fahren die Holzfirmen mit großer Technologie vor und schlagen Straßen in den Wald. Dann kommen Wilderer mit modernsten Waffen und machen Jagd. Das führt zum Zuzug von Bevölkerungen, die Landwirtschaft auf der Basis von Brandrodung betreiben. All das zusammen bringt den Regenwald um.

Woher kommen die Holzunternehmen?
René Ngongo:
Die größte Gruppe sind die Portugiesen, gefolgt von den Deutschen und Franzosen. Es gibt einige Italiener, Libanesen, Chinesen – die Tatsache, dass es noch intakte Wälder gibt, lockt viele an.

Wer profitiert in der DR Kongo selbst vom Waldraubbau?
René Ngongo:
Vor allem die ausländischen Unternehmen. Sie zahlen den Forstarbeitern lächerliche Gehälter. Viele arbeiten als Tagelöhner und haben keine Verträge. Die Verträge mit den lokalen Gemeinden sind eine Schande, für eine Einschlaggenehmigung speist man sie mit ein paar Kilo Zucker oder Salz, mit Bier, Macheten und Altkleidern ab. Wer noch profitiert, sind einige Personen in der Verwaltung, die alle möglichen Arten von Genehmigungen ausstellen. Der Forstsektor wird von Korruption regiert.

Die Weltbank sieht im Holzabbau eine Entwicklungschance für die Region. Wie sehen Sie das?
Adrien Sinafasi:
Wir finden das verrückt. Der Holzabbau löst unsere Probleme nicht, im Gegenteil, er verstärkt unsere Armut. Das ist so, als ob hier jemand anfinge, alle Supermärkte leer zu räumen und verspricht, bessere und größere zu errichten. Man wartet zwei Jahre, drei, fünf, in denen die Supermärkte geplündert werden, aber keine neuen kommen nach. Genauso werden wir getäuscht. Die Holzfirmen kommen in die Gemeinden und sagen: „Wir sehen, dass ihr arm seid und keine Arbeit habt. Macht euch keine Sorgen, wir werden Arbeitsplätze schaffen, Straßen bauen, Schulen und Krankenhäuser – alles für euch.“ Von einem Tag auf den anderen fangen sie an, den Wald zu zerstören. Wenn die Einheimischen in den Wald gehen, um sich mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen, ist nichts mehr da.

Was erwarten Sie sich von Europa?
René Ngongo:
Dass die Konsumenten hier sensibilisiert werden und bei Holzprodukten darauf achten, woher das Holz kommt und zu welchen Bedingungen es abgebaut wird. Wir sind nicht gegen den Abbau von Holz. Aber wir wollen eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft, die zur lokalen Entwicklung beiträgt. Der Wald birgt noch viele andere Ressourcen, nicht nur Holz. Und die europäischen Länder müssen ihren Einfluss auf die Weltbank ausüben, die eine zentrale Rolle für die Reformen im Kongo spielt.
Adrien Sinafasi: Ihr müsst hier begreifen, dass es um eure eigenen Interessen geht. Der Durchschnittsbürger in Österreich denkt sich wahrscheinlich, die Probleme im Kongo haben nichts mit ihm zu tun. Aber dieser Wald ist nicht nur ein kongolesischer Wald, sondern für den ganzen Planeten wichtig. Wenn er verschwindet, verliert der Planet eine seiner beiden Lungen.

René Ngongo Mateso koordiniert die größte kongolesische Umweltorganisation OCEAN. Adrien Sinafasi Makelo ist Vorsitzender des Netzwerks Indigener Pygmäenvölker und Mitglied des Internationalen Indigenen Forums über Biodiversi

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