Am Hof des Gagenkaisers

Von Redaktion · · 2014/06

Er ist ja nicht so. Er hat schon Verständnis. Weil jetzt von den Frauen geredet wird, die in Bangladesch T-Shirts nähen. Dass die einen fairen Lohn kriegen. Da hat er schon Verständnis dafür. Er war ja selbst lange im Berufsleben. Er hat schwer gearbeitet im Bundesverband der sozial gefährdeten Gagenkaiser und Spesenritter. Im Risikomanagement. Da ist es auch oft darum gegangen, dass ein Spesenritter nicht einmal ein Pferd hat. Das muss man sich vorstellen!

Er hat ja viel gemacht damals. Er hat die ganzen Weiterbildungen organisiert: „Kreative Abrechnungsmethoden für die Bundesinnung der engagierten Steuervermeider“. Da ist unter seiner Federführung eine APP entwickelt worden, ein Kilometergeld-Schummler für den gesamten Dachverband der Besitzstandswahrer. Und das ist ja nicht irgendwer, da ist die Crème de la Crème der Absahner dabei!

Er versteht, dass die Näherinnen einen fairen Lohn wollen. Weil in seiner Tätigkeit für den Bundesverband der Gagenkaiser und Spesenritter und für die Bundesinnung der engagierten Steuervermeider war er auch zuständig für die Jahreskonferenz der Mehrfachpensionsbezieher. Und da haben damals auch die meisten gesagt: Von einer Gefahrenzulage für Mehrfachpensionsbezieher sind wir in Österreich noch weit weg.  Er versteht auch, dass die Näherinnen eine Krankenversicherung brauchen. Weil er war ja selber auch in der Pflege tätig. Frühschicht, Spätschicht – das wird einem ja alles in der Pflege von Beziehungen nicht abgegolten. Alleine wenn man bedenkt, was das heißt, wenn du bei einem normalen Charity-Buffet zuschlägst. Da kommt ja auch was zurück, das ist alles ein Nehmen und Nehmen.

Er versteht, dass die Näherinnen in Bangladesch eine faire Arbeitszeit wollen. Weil wenn du weißt, was das bedeutet, wenn du bei diversen Networking-Veranstaltungen bist, das wird oft uferlos! Er hat jahrelang für die 40 Liter-Woche gekämpft – leider völlig aussichtslos.

Er selbst versteht das Anliegen der Näherinnen total. Er würde dir auch gerne helfen. Aber er hat keine Zeit. Er organisiert gerade eine Benefizveranstaltung für die hinterbliebenen Opfer, von all denen, die sich im österreichischen Förderdschungel verirrt haben und nicht mehr zurückgekommen sind. Aber er sagt: Wenn du ihm bei seiner Benefizveranstaltung hilfst, kann er sich vorstellen, dass du ihm dann auch einmal den Koffer tragen darfst. Oder die Schuhe putzen. Weil er hat Verständnis. Er ist ja nicht so.

Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien.
Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at

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