Auf der Suche nach dem Ort des ewigen Glücks. Kultur, Tourismus und Entwicklung im Himalaya

Von Robert Lessmann · · 2008/05

Kurt Luger

Sachbuch. StudienVerlag, Innsbruck 2007, 208 Seiten, € 29,90

Ist die Schneeflocke auf die falsche Stelle gefallen? Siebenundzwanzig Geschichten, zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben, jede könne für sich selbst gelesen werden, schreibt der Autor. Das weckt Recyclingverdacht. Wo ist der rote Faden? Philosophische Gedanken zum Reisen und Entdecken („Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum“, wird Graf Keyserling zitiert), politische Beschreibungen, Länderkundliches, Kulturelles, Religiöses lösen sich ab, Buddhismus, Hinduismus, Islam. Geschichten aus Nepal, Tibet, Lhadak, Bhutan, Indien, Pakistan. Es geht um den Himalaya und seine Menschen, das Schneereich, Ort des ewigen Glücks, Zielpunkt der Sehnsüchte.
Der Mythos vom Shambala geht auf tibetische Texte aus dem 11. Jahrhundert zurück, wurde vom Romanschriftsteller James Hilton („Der verlorene Horizont“) in den 1930er Jahren als Shangri La für die westliche Vorstellungswelt adaptiert und zu einem modernen Utopia umgebaut – und schließlich von Abenteuerschriftstellern, Reisenden und der Tourismusindustrie gepflegt und ausgeweidet. Doch Pfad und Ziel müssen eins sein und man kann auf Reisen nichts finden, was man in sich selbst nicht finden kann, es sei denn, es geht nur um kleine Fluchten oder die Behübschung der eigenen Biographie. „Das Königreich von Shambala ist in deinem eigenen Herzen“, sagt der Einsiedler dem jungen Suchenden.
Eine fremde Kultur verstehen bedeutet, ihre Normalität zu verstehen, schreibt Luger. Dazu muss man sich oft von Klischees und vorgefertigten Bildern verabschieden, den Schutz von Ferienclubs und Reisegruppen aufgeben. Die Projektionsorte der Sehnsüchte im Himalaya entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Regionen, die unter bitterer Armut leiden, unter gesellschaftlichen und politischen Spannungen, Bürgerkriegen, ökologischen Problemen und anderem mehr. Luger demaskiert diese Realitäten, ohne indessen ihre Faszination zu zerstören. Und genau das ist der rote Faden! Seine Geschichten sind gut lesbar, oft sehr persönlich, manchmal launig, immer kenntnisreich. Der Professor für transkulturelle Kommunikation aus Salzburg und Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation Eco Himal kennt die beschriebenen Realitäten seit vielen Jahre aus eigener Anschauung und Projektarbeit, die immer wieder auch dargestellt wird. Ein Glanzlicht: Seine Darstellung der tibetischen Medizin zwischen ganzheitlicher Lehre des Wohlbefindens und kommerzialisierter Scharlatanerie. Die Flocke liegt richtig: „Keine Schneeflocke fällt je auf die falsche Stelle“, wie das Sprichwort sagt.

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