Der einsame Dialog

Von Redaktion · · 2003/06

Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit wird umstrukturiert. Viele sehen darin eine Bedrohung. Trotz vergebener Chancen und vieler offener Fragen glaubt Heinz Hödl an eine mögliche Verbesserung der EZA.

Wir wissen, dass zur Erreichung der internationalen Ziele der Armutsbekämpfung gewaltige Anstrengungen notwendig sind. Neben vielen anderen notwendigen Maßnahmen ist die Bereitstellung von Mitteln eine verpflichtende Aufgabe des Staates unter Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Diese haben sich beizeiten gerührt. Bereits am 27. Juni 2002 haben AGEZ, EU-Plattform und Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz, die zusammen weit mehr als 70 NGOs in Österreich vertreten, ein Diskussionspapier an die Ministerien gesandt. Sie wollten einen konstruktiven Dialog über die Zukunft der Entwicklungspolitik in Österreich initiieren. Generalsekretär Kyrle vom Außenministerium informierte die NGOs am 9. September 2002 darüber, dass es eine Auslagerung des operationalen Geschäftes geben wird, und Ministerin Ferrero-Waldner versicherte, dass ihr die möglichst frühzeitige Einbindung der NGOs in den Reorganisationsprozess ein wichtiges Anliegen ist.
Zielvorgaben für die Reorganisation waren mehr Kohärenz der verschiedenen Instrumente, bessere Synergie zwischen EZA und Wirtschaft sowie die aktive Vernetzung aller österreichischen Akteure. Es dürfe sich dabei nicht um die schlichte Gründung einer zusätzlichen Stelle handeln, sondern dies müsse einhergehen mit einer Neuordnung der gesamten staatlichen EZA. Wie es jetzt aussieht, haben sich die NGOs da aber zuviel erwartet.
Am 3. April 2003 wurde ihnen nämlich nach langem Hinhalten mitgeteilt, dass die nationale Agentur ab 1. Jänner 2004 in Kraft treten, den Ansprüchen der EU und der Ministerien gerecht sein und mit mehr Geld ausgestattet sein wird.

Wahrlich eine vergebene Chance angesichts der Tatsache, dass es seit Jahren nicht möglich ist, die Rollen der diversen AkteurInnen der österreichischen EZA zu definieren und voneinander klar abzugrenzen. Da gibt es die Verwaltung in Wien, die staatlichen KoordinatorInnen in den Schwerpunktländern, die NGOs im Norden und im Süden und es gibt die privaten Firmen. In Österreich waren die NGOs seit Beginn der EZA die wichtigsten TrägerInnen dieser Tätigkeiten. Die Kooperation mit der Verwaltung, insbesondere der Zugang zu öffentlichen Mitteln, wurde nicht nur aufgrund der Budgetkürzungen zunehmend schwieriger. Viele NGOs sind zu AuftragnehmerInnen der staatlichen EZA geworden und damit auch in ein starkes Abhängigkeitsverhältnis geraten.
Gerade deshalb müssen wir auch die Chancen sehen, die eine gute Auslagerung bringen könnte. Es kommt auf folgende Rahmenbedingungen an:

Zusätzliches Geld für die bilaterale EZA

mehr Mittel für die Bildungsarbeit in Österreich

Berücksichtigung der NGO-Stärken wie Ehrenamtlichkeit, Einbindung in die Zivilgesellschaft und anwaltschaftliches Engagement

Umsetzung der im EZA-Gesetz beschriebenen Kohärenz

Ausrichtung auf Armutsbekämpfung

Steuerungsfunktion gegenüber anderen Ministerien

langfristige und sichere Basis für die NGOs

parlamentarische Kontrolle.

Von der Umsetzung dieser Punkte wird die Verbesserung der öffentlichen EZA abhängen. Wie wird sich eine staatliche Agentur für die EZA auswirken? Der nun vorliegende Gesetzesentwurf gibt darüber noch keine ausreichende bzw. eindeutige Antwort.

Es wird eine GmbH errichtet. Eigentümer wird der Bund sein. Sie wird die Rechtsnachfolge der derzeit von der Sektion VII verwalteten Mittel, Rechte und Pflichten antreten. Wird sie damit auch die Verantwortung über die bisherigen Auslagerungen übernehmen? Widersprüchlich ist unter anderem, dass die Agentur auch durch private Zuwendungen finanziert werden soll. Müssen wir uns darauf einstellen, dass der Bund sich am Spendenmarkt Mittel holen wird? Das wäre eine Wettbewerbsverzerrung, die so nicht akzeptiert werden kann. Wird die neue Agentur, der weitgehende Möglichkeiten eingeräumt werden, zur Konkurrentin der NGOs?
Wir müssen uns dafür einsetzen, dass bei der Umsetzung der Ziele und Aufgaben der Agentur die vorhin erwähnten Rahmenbedingungen zum Tragen kommen. Die geplante Neuordnung bedeutet zweifellos einen massiven Eingriff in die EZA. Ich möchte festhalten, dass es uns nicht um alleinige Existenzsicherung der NGOs geht, sondern um die Betroffenen im Süden sowie um die Bildungsarbeit bei uns.

Es geht dabei um die Erhaltung der unverzichtbaren Rolle der NGOs in der Entwicklungspolitik wie Verankerung in der Zivilgesellschaft, Aufbau von Zivilgesellschaften in den Zielländern, Armutsbekämpfung an der Basis und Dialogpartner für die staatliche EZA.
Die NGOs fordern daher die Festschreibung eines eigenen NGO-Budgetbereichs innerhalb der bilateralen Projekt- und Programmhilfe, wie es ihn in Irland bereits gibt. Im Sinne der Subsidiarität sehen wir uns als Partner der staatlichen EZA. Die NGOs leiten diesen Anspruch aus ihrer Erfahrung, Kompetenz und gesellschaftspolitischen Rolle ab. Wenn das auch vom Bund so gesehen wird, dann ist die eingangs gestellte Frage mit „ja“ zu beantworten. Ja, es ist eine Chance zur Verbesserung der EZA.

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