Großer Nachholbedarf

Von Ralf Leonhard · · 2010/03

In mehreren europäischen Ländern gibt es Einrichtungen für einen weltweiten zivilen Friedensdienst. In Österreich machen sich mehrere Organisationen dafür stark, dass auch hier so ein Dienst eingeführt wird.

Österreichs Truppen standen bis vor kurzem im Tschad, und österreichische Blauhelme wachen seit Jahrzehnten über den Waffenstillstand auf den von Israel besetzten syrischen Golan-Höhen. Österreichische Expertinnen und Experten, die auch mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, haben im Bürgerkrieg in Sri Lanka vermittelnd eingegriffen und die Konfliktparteien im Südsudan beraten. „Aber einen zivilen Friedensdienst haben wir nicht“, klagt Pete Hämmerle vom Internationalen Versöhnungsbund österreichischer Zweig (IVB).

Der IVB hat sich mit anderen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Institutionen zu einem „Konsortium Zivile Friedensdienste“ zusammengeschlossen. Unter den Prominenten, die hinter dem Aufruf stehen, finden sich nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ wie die Schriftsteller Franzobel und Doron Rabinovici sowie die Asylaktivistin Ute Bock, sondern auch Kardinal Christoph Schönborn und der evangelische (AB) Bischof Michael Bünker.

Insgesamt zehn NGOs und Institutionen bilden das Konsortium, das sich nach einer Konferenz über Österreichs Beitrag zum Peacebuilding auf Burg Schlaining im vergangenen Dezember gebildet hat. Neben dem IVB sind so wichtige Organisationen wie Horizont3000 oder das in Schlaining ansässige Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) darin vertreten. Was den Initiatoren vorschwebt, ist ein Ziviler Friedensdienst nach dem deutschen Vorbild, sagt Pete Hämmerle. ExpertInnen für zivile Konfliktbearbeitung sollten in die Krisengebiete der Welt entsandt werden. Für die Finanzierung wäre in erster Linie das Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) gefragt, schließlich wird Peacebuilding von der OECD als öffentliche Entwicklungszusammenarbeit anerkannt. Am 12. Jänner reichte eine Delegation einen entsprechenden Vorschlag im Außenministerium ein und übergab eine Mappe mit 860 Unterstützungsunterschriften.

Während in Skandinavien, Deutschland und der Schweiz bereits längst eingespielte Strukturen bestehen, fehlt es in Österreich derzeit noch an den grundsätzlichen organisatorischen Voraussetzungen und an rechtlichen wie finanziellen Rahmenbedingungen. Es mangelt an Koordination von Ministerien und NGOs, an einem allgemeinen Budget für internationale Missionen sowie an koordinierten Trainings- und Rekrutierungsbemühungen für zivile Expertinnen und Experten.

Für Friedenssicherung und Konfliktprävention als Querschnittsmaterie gibt es keine eigene Budgetlinie. Die Beamten, die die Unterschriften entgegennahmen, signalisierten keine grundsätzlich ablehnende Haltung, empfahlen aber, die Finanzierung privat zu organisieren.

Auf der Konferenz im Dezember wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass Österreich als neutrales Land ohne koloniale Vergangenheit geradezu prädestiniert für internationale Friedensarbeit sei. Ein Ziviler Friedensdienst solle nicht auf den Schultern junger und motivierter, daher auch billiger Hilfskräfte ruhen, sondern sich auf Profis stützen: ausgebildete Friedensfachkräfte mit angemessener Entlohnung und Einbindung in das Sozialversicherungssystem.

Die Beamten des Außenministeriums versprachen, dass der Vorschlag eines Pilotprojekts „Zivile Friedensdienste“ nun intern im BMeiA und anschließend mit der Austrian Development Agency (ADA) diskutiert würde. Währenddessen soll das Konsortium ein Konzept ausarbeiten

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