Guatemala – gekürzt oder nicht gekürzt?

Von Werner Hörtner · · 2002/05

Die Frage, ob in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit mit Guatemala die Mittel im heurigen Jahr geringer werden, erhitzt die Gemüter im Außenministerium und in der „Szene“.

Zur Vorgeschichte: Hans-Georg Danninger, Regionalbeauftragter der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ÖEZA) für Zentralamerika, teilte Anfang Juni des vergangenen Jahres schriftlich Horizont3000 sein Bemühen mit, „auch ohne Ausschreibung für das Jahr 2002 einen finanziellen Rahmen von 50% des Budgets von 2001 genehmigt zu bekommen“. Was im Klartext heißt, dass für heuer bestenfalls die Hälfte der Projektmittel zu erwarten sei. Was in dieser größten privaten Entsendeorganisation Österreichs verständliche Aufregung auslöste.
Ende November des Vorjahres fand am Wiener Ballhausplatz eine Ehrung besonderer Art statt: Drei österreichische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wurden für ihr ehrenamtliches Engagement von Außenministerin Ferrero-Waldner – in deren Ressort die ÖEZA angesiedelt ist – ausgezeichnet. Darunter auch die Guatemala-Solidarität.
Beim Festakt wurde ein vorgefertigtes Video gezeigt, in dem der Journalist und Filmemacher Leo Gabriel in einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Guatemala-Solidarität die EZA-Kürzungen in dem mittelamerikanischen Land – 50% für 2002 – erwähnt. Was auf Seiten der anwesenden Ministerin großen Unmut hervorrief. EZA-Sektionschef Georg Lennkh tadelte schriftlich den Lateinamerika-Experten Gabriel wegen seiner Falschinformation: „Ein Minimum an journalistischer Sorgfalt hätte Sie veranlassen müssen, eine solche Aussage mit den dafür Verantwortlichen zu verifizieren.“

Die Geschichte zog ihre Kreise, immer mehr Menschen erfuhren von dem Vorfall und der heftigen Reaktion des Außenamtes. SÜDWIND schlüpfte nun in die Rolle des „Kriminalreporters“ und begann zu recherchieren.
Wie Hans-Georg Danninger telefonisch bestätigte, ist es in den letzten Jahren bei der EZA mit Zentralamerika tatsächlich zu einem Rückgang der Mittel um ca. 50% gekommen, wobei etwa 30% der Dollarkursveränderung und der Rest der allgemeinen Budgetkürzung zuzuschreiben ist. Der stellvertretende Sektionschef Günther Stachel ergänzt, dass jedoch im Fall von Guatemala die geplanten Projektmittel mit insgesamt etwa 1,16 Mio. _ (16 Mio. ATS) konstant geblieben sind, ja diese Planungsziffer im vergangenen Jahr sogar um 0,363 Mio. _ (5 Mio. ATS) überschritten wurde. Von Kürzung also keine Rede. Auch für 2002 sind wieder Projektmittel von 1,16 Mio. _ geplant. Die Zahlen für 2003 stehen noch nicht fest, doch geht man in der ÖEZA von einer gleichbleibenden Förderhöhe aus. War also Leo Gabriel mit seiner spektakulären Kritik im Unrecht?
Wie der Journalist in einer Antwort an Sektionschef Lennkh Ende März ausführt, habe er sehr wohl gründlich recherchiert und die bei der Preisverleihung an die „Ehrenamtlichen“ kritisierte Kürzung der EZA-Mittel für Guatemala würde seinem damaligen Wissensstand entsprechen – siehe den einleitend erwähnten Brief von Regionalbeauftragtem Danninger. Gabriel beklagt, dass er trotz intensiver Bemühungen bis März d.J. nicht herausfinden konnte, ob und wie viel heuer bei Guatemala und El Salvador gekürzt werde, und fordert ein „Nachdenken über die Notwendigkeit einer größeren Transparenz der Vergabepolitik des Außenministeriums“ ein.

In Zukunft sollen – gemäß einer Richtlinie der EU – Projektmittel immer häufiger durch öffentliche Ausschreibungen vergeben werden. An denen können neben den Fachorganisationen des Bereichs auch Privatunternehmen teilnehmen. Diese von der EU geförderte Tendenz macht die Situation für NGOs kompliziert und schwierig und führt zu einer beträchtlichen Planungsunsicherheit. So werden laut Danninger Horizont3000, der größten in Zentralamerika aktiven Organisation, die Projektmittel für 2003 um 100% gekürzt, also völlig gestrichen – „dafür“ kann sich Horizont3000, genau so wie andere NGOs und Firmen, für das nächste Jahr an einer Ausschreibung beteiligen. Diese wird vermutlich heuer im September veröffentlicht.

Eine weitere Schwierigkeit liegt für die NGOs auch in der Langsamkeit der Behandlung durch die staatlichen Stellen: So wurden Zentralamerika-Projekte von Horizont3000 für 2001 erst im heurigen Februar unterschrieben.
Die Guatemala-Solidarität freut sich auf jeden Fall über die 100.000 Schilling, die sie für ihr ehrenamtliches Engagement – aus Mitteln der EZA – gewonnen hat, und unterstützt damit eine Rückkehrergemeinde mit abgerüsteten Guerilleros in Guatemala sowie die Öffentlichkeitsarbeit in Österreich.

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