Nagib Machfus: Der Rausch

Von Philipp Wascher · · 2004/05

Aus dem Arabischen von Doris Kilias. Unionsverlag, Zürich 2003. 191 Seiten, EUR 16,90

Im Herzen des 45-jährigen Anwaltes Omar al-Hamzawi sieht es düster aus, so dass der ehemalige „Revolutionär“ seinem von Langeweile bestimmten Leben abschwören will. Die selbst gewollte „Ent-Wicklung“ legt die Gefühlswelt eines ehemaligen „Helden“ bloß, der in zarten Jahren Lyrik schrieb und sich zu Zeiten Nassers für den Sozialismus engagierte. Doch der einst militante Kämpfer hat längst seine Waffen gestreckt, muss jetzt (rollenverkehrt) in einer unsicheren Rechtslage selbst um sein Eigentum fürchten.
Omar lebte bislang hinter einer Maske versteckt, opferte sein „Ich“ der sozialen Sicherheit, ohne dabei die Folgen für seine (nun erkrankte) Seele erahnen zu können. Niemand kann ihm helfen, weder seine Frau, die „zum lebenden Symbol von Küche und Geld geworden ist“, noch seine Töchter Busaina und Gamila. Es scheint, als könne nur die Tänzerin Warda (arab. Rose) des Star-Anwalts „Trümmer seines Lebens“ (wahrscheinlich eine Anspielung auf Umm Kalthums Lied) wieder aufbauen und seinen „Rausch“, die Gier nach dem „Nektar des Lebens“, befriedigen.
Ist Omars Streben nach dem „Sinnes-Rausch“ psychologisch nur durch seinen „verdrängten Kunstkomplex“ erklärbar, wie Mustafa meint? Kann ein Seitensprung mit einer jasminduftenden Tänzerin wirklich den „Durst seines Herzens“ stillen? Ist das der Sinn des Lebens oder nur eine Fata Morgana? Eines wird klar: Anstatt dem Glück näher zu kommen, verliert Omar sich in Oberflächlichkeiten und erntet dafür „das Gefühl der Zerrissenheit“.
Machfus macht beim Lesen trunken, versetzt in eine sonderbare Stimmung zwischen Traum und Wirklichkeit, wobei die „innere Kraft“ des Textes durch die dem arabischen Orient verpflichtete Sprache gespeist wird.
Trotz der ausgezeichneten Übersetzung kommt man auch nach dieser Lektüre zum Schluss, dass eine Übersetzung immer nur eine Brücke bauen, aber niemals das Original ersetzen kann.

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