Nahöstlicher Irrgarten. Analysen abseits des Mainstreams

Von Redaktion · · 2014/11

Gudrun Harrer

Sachbuch. Kremayr & Scheriau, Wien, 2014, 191 Seiten, € 22,-

Wer kann aktuell noch von sich behaupten, die aktuellen Geschehnisse in der arabischen Welt – die neuerliche Gewaltwelle im Irak, den blutigen Krieg in Syrien mit seinen unterschiedlichen AkteurInnen – zu verstehen? Seit dem „Arabischen Frühling“ scheinen sich die dramatischen Entwicklungen kontinuierlich zu beschleunigen. Der IS, neben dem sogar die Taliban beinahe harmlos erscheinen, und sein scheinbar einfacher Weg zur Herrschaft sorgen weltweit für große Besorgnis, die Hintergründe des Aufstiegs der radikalen Islamisten kennt jedoch kaum jemand.

Gudrun Harrer, als Nahostexpertin unersetzlich in der österreichischen Medienlandschaft, nähert sich in ihrem unkonventionellen Buch der von Instabilität, Gewalt und Umbrüchen geprägten Region. Der Band baut auf Analysen auf, die in ähnlicher Form im „Standard“ (Print, aber vor allem online) erschienen sind, geht aber über sie hinaus. Auch die journalistische Sprache macht das Buch sehr angenehm zu lesen. Ohne oberflächlich zu sein, zeichnet die Autorin ein lebensnahes Bild der Länder und der Menschen. Sie zeigt Zusammenhänge auf, verknüpft Gegenwart und Vergangenheit, ohne belehrend zu sein. Dazwischen gibt es manch Anekdote, zum Teil mit weltpolitischer Bedeutung, aus ihrer Zeit als Vertreterin der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in Bagdad.

Im Vorwort schreibt Harrer, es sei immer ihr Ehrgeiz gewesen, komplizierte Sachverhalte so zu erzählen, dass interessierte LeserInnen folgen können. Das ist ihr mit diesem Werk erneut gelungen. Auch wenn, wie sie selbst schreibt, man schon ein bisschen Durchhaltevermögen braucht. Dafür weiß man danach, ob der gestürzte ägyptische Präsident nun richtigerweise „Morsi“ oder „Mursi“ heißt, woher der Hass zwischen Sunniten und Schiiten kommt und warum die Streitigkeiten um die Nachfolge des 90-jährigen saudischen Königs Auswirkungen auf die gesamte Nahostpolitik haben könnten.

Eine Gutenachtlektüre ist „Nahöstlicher Irrgarten“ nicht unbedingt, ansonsten aber ist das Buch sehr zu empfehlen – und zwar nicht innerhalb der nächsten Jahre, sondern am besten umgehend. Nicht nur, weil sich die Situation gerade so rasch ändert und in ein paar Monaten schon wieder neue AkteurInnen auf der Bildfläche aufgetaucht sein und sich die Machtgefüge verschoben haben können, sondern auch, weil die Lektüre Antwort auf viele Fragen gibt, die bei jedem Blick in die Schlagzeilen auftauchen.
Christina Bell

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