„Nur wer kämpft, hat das Recht auf Hoffnung“

Von Redaktion · · 2000/10

Der Priester Alexandre Mbaya übt Kritik an der Regierung Kabilas

Alexandre Mbaya musste vor fünf Jahren den Kongo verlassen. Sein Mut wurde ihm zum Verhängnis. Er äußerte sich in seinen Predigten immer wieder kritisch über die Machthabenden. 1991 wurde er seines Amt enthoben. Als der Druck auf ihn weiter zunahm, verliess er sein Heimatland. Heute hält der Priester aus der Provinz Katanga im 20. Wiener Gemeindebezirk seine Messen ab. Mit ihm sprach SÜDWIND-Redakteurin Lydia Matzka

SÜDWIND: Das von den Medien gezeichnete Bild vom Kongo ist ein sehr düsteres. Entspricht es der Wirklichkeit?

MBAYA: Wäre ich hier in Wien geboren, dann hätte ich wohl auch den Eindruck, dort gibt es nur Chaos, Armut und Zerstörung. Doch fahren Sie nach Kinshasa, und Sie werden keineswegs nur traurige Gesichter sehen. Die Leute singen und tanzen auf der Straße. Es herrscht ganz normaler Alltag in Zaire. Natürlich sind die Gebiete, wo Kampfhandlungen stattfinden ausgenommen.

SÜDWIND: Warum sagen Sie „Zaire“ und nicht „Kongo“?

MBAYA: Zaire, das ist die Republik, die Mobutu ausgerufen hat. Laurent Kabila hat die Demokratische Republik Kongo ausgerufen. Das ist ein Versuch von Seiten des Präsidenten, die Menschen zu täuschen, weil „Kongo“ für uns ein Begriff mit positiver Besetzung ist. Er erinnert an die 60er-Jahre, wo Kongo eine junge Demokratie war.


SÜDWIND: Hat sich die Situation im Kongo, seit Kabila an der Macht ist, verschlimmert?

MBAYA: Ja, das hat sie. Die Probleme, die es während der Herrschaft von Mobutu gab, – wie hohe Inflation, Korruption und Hunger – die haben wir auch heute noch. Was aber durch Kabila dazugekommen ist, ist der Krieg. Ich jedenfalls kämpfe gegen diese Regierung wie ich gegen Mobutu gekämpft habe.

SÜDWIND: Wie äußert sich ihr Kampf?

MBAYA: Meine Kraft ist die Sprache. Ich schreibe und spreche viel und versuche aufzuklären, rede mit den Leuten hier und schreibe Briefe in meine Heimat.

SÜDWIND: Sie haben noch Kontakt zu Ihrem Herkunftsland?

MBAYA: Ja. Mein Leben ist in Zaire.

SÜDWIND: Wie beurteilen Sie oder andere Kongolesinnen und Kongolesen persönlich die triste Situation in Ihrer Heimat?

MBAYA: Der Bevölkerung geht es sehr schlecht. Die Wirtschaft ist total kaputt. Wenn diese Leute eine Möglichkeit gehabt hätten, das Land zu verlassen, dann hätten sie es getan. Es ist wie ein Leben vor einer riesigen Mauer, ohne Zukunft und ohne Hoffnung. Es ist sehr schwierig, mit den Menschen zu reden, selbst hier in Österreich haben die Leute immer noch Angst und schweigen lieber. Andere verdrängen total, sie sind jetzt hier und wollen mit den Problemen nicht mehr belastet werden.

SÜDWIND: Das hört sich alles sehr pessimistisch an. Gibt es keinen Funken Hoffnung?

MBAYA: Na ja, die Hoffnung gibt es natürlich. Allerdings haben wir in der derzeitigen Situation keine Zukunft. Den Politikern fehlt das Herz, sie sind nur mit ihrer eigenen Tasche beschäftigt. Die Politiker müssen sich entweder ändern oder die Führungskräfte müssen ausgetauscht werden.

SÜDWIND: Aber wie kann man jemanden ändern, der es gewohnt ist, in die eigene Tasche zu arbeiten?

MBAYA: Die Bevölkerung muss ihre Kräfte binden und kämpfen. Sie muss sich trauen, aber dazu braucht sie Hilfe. 30 Jahre Diktatur kann man nicht einfach so abschütteln. Ich sage immer „Seuls ceux qui combattent ont le droit d`espčre.“, also nur jene, die kämpfen, haben das Recht auf Hoffnung.

SÜDWIND: Danke für das Gespräch.

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