Professionalität statt Pfusch

Von Thomas Vogel · · 2014/09

Beim Häuslbauen ist „kostensparende Eigenleistung“ sehr verbreitet. Meist gibt es helfende Hände im Freundes- und Bekanntenkreis, sodass nicht jede Hilfstätigkeit an eine Firma vergeben werden muss. Niemand käme jedoch auf die Idee, die architektonische Planung oder die statischen Berechnungen selbst vorzunehmen oder Bekannten anzuvertrauen, die einmal bei so etwas zugeschaut haben. Derart anspruchsvolle Arbeiten werden von ExpertInnen geleistet, die über die entsprechenden Qualifikationen und Zulassungen verfügen. Zuweilen vorkommende Ausnahmen bestätigen die Regel.

In der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) ist das oft ganz anders. Was ist erforderlich, um in Afrika südlich der Sahara anderen Leuten vorzuschreiben, wie sie zu leben haben? Keine fachlichen Qualifikationen, auch nicht die Zulassung einer Behörde, die auf diesem Gebiet mit der Qualitätssicherung oder der Einhaltung von Sicherheitsstandards betraut wäre – nein, es reicht, ein paar tausend Euro zu sammeln, ein armes Dorf ausfindig zu machen, und schon darf man als großer Zampano auftreten, der die Renovierung einer Schule, die Einrichtung einer Nähstube, oder auch ein paar Schulstipendien gewähren kann.

So werden Gesundheitsposten gebaut und ausgestattet, für die es keine PatientInnen gibt – weil die österreichische Initiative, die das Projekt finanziert hat, nicht wusste, dass in der gleichen Straße zeitgleich ein EU-finanziertes Krankenhaus gebaut wurde. Oder es werden junge HandwerkerInnen ausgebildet, die dann keine Anstellung finden – weil die dahinter stehende deutsche Privatinitiative zwar Berufsausbildung für das A und O der Entwicklung hält, es aber verabsäumt hat, vorab eine branchenspezifische Marktstudie durchzuführen. Oder es entsteht die siebenhundertste Kleinbäckerei, die nur läuft, solange die Spendenmittel fließen – weil die Spendergruppe „einfach den Menschen helfen wollte“ und nie auf die Idee gekommen wäre, eine Rentabilitätsprüfung durchzuführen.

Bestenfalls wird durch Pfusch dieser Art einfach Geld verschwendet, aber es kann auch viel schlimmer kommen, indem hilfsbedürftige Menschen gedemütigt oder Sozialgefüge durcheinander gebracht werden.

Falls Sie oder Ihre Bekannten gerade dabei sind, ein eigenes Entwicklungsprojekt zu planen: Bevor sie einige tausend Euro, die durch großes ehrenamtliches Engagement aufgebracht wurden, in den Sand setzen und womöglich dabei noch Schaden anrichten, betrauen sie professionelle ArchitektInnen, sprich etablierte EZA-Organisationen, mit dieser Aufgabe. Natürlich gibt es auch schwarze Schafe auf dem Spendenmarkt. Aber es ist für Sie und Ihre Initiative – und vor allem für die Menschen, die unterstützt werden sollen – besser, etwas Zeit und Geld zu investieren, um geeignete Profis für eine von Ihnen gewünschte Maßnahme zu finden, als selber zu pfuschen!

Thomas Vogel ist Lektor und langjähriger Praktiker in der Entwicklungszusammenarbeit. Abwechselnd mit Petra Navara und Friedbert Ottacher setzt er sich an dieser Stelle kritisch mit Theorie und Praxis dieses Arbeitsfelds auseinander.

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