Schlechter Verlierer

Von Hermann Huber · · 2002/06

Expräsident Ratsiraka weigert sich, die Macht abzugeben.

Das Ergebnis der madagassischen Präsidentenwahl im Dezember 2001 und Indizien massiven Wahlbetrugs seitens des Machthabers Didier Ratsiraka führten zu einer Verfassungskrise. Der Herausforderer und Gewinner Marc Ravalomanana erklärte sich zum Präsidenten. Ratsiraka beanspruchte das Amt ebenso für sich und verlangte einen zweiten Wahlgang, da laut offiziellem Wahlergebnis die absolute Mehrheit für Ravalomanana nicht erreicht war (siehe dazu SÜDWIND-Magazin Nr. 04/02). Unter Vermittlung der OAU (Organisation Afrikanischer Einheit) trafen die beiden Protagonisten am 18. April in der senegalesischen Hauptstadt Dakar zusammen. Die von beiden unterschriebene Vereinbarung sah die Neuauszählung der Wählerstimmen vor. Weiters sollte eine Regierung der nationalen Einheit für den Fall, dass keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erreicht, gebildet werden. Die von AnhängerInnen Ratsirakas organisierten Straßenblockaden und Brückensprengungen sollten beendet werden.
Die Gouverneure der Küstenstädte weigerten sich, die Blockaden aufzuheben und setzten die Repressionen gegen die Bevölkerung fort. Zwei Tage vor Bekanntgabe der Ergebnisse der Neuauszählung am 29. April kehrte Ratsiraka nach einem Aufenthalt in Frankreich ins Land zurück und erklärte, das Ergebnis der Neuauszählung auf keinen Fall anzuerkennen und den von ihm unterzeichneten Vertrag von Dakar für null und nichtig. Die Blockadepolitik begründete er als Willen des Volkes und als unabhängige Entscheidung der Provinzen.

Das offizielle Wahlergebnis bestätigte Ravalomanana mit 51,46 Prozent der Stimmen als Sieger und damit die Legalität der von ihm bereits wahrgenommenen Präsidentschaft. Ratsiraka erzielte einen Anteil von 35,9 Prozent. Der Wahlbetrug durch AnhängerInnen seiner Partei AREMA wurde vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Die Reaktion der Provinzgouverneure ließ nicht auf sich warten: Aufrechterhaltung und sogar Verstärkung der Blockadepolitik. Sie gingen noch einen Schritt weiter und kündigten an, vier der sechs Provinzen für unabhängig zu erklären.
Die Folgen sind fatal: Grundnahrungsmittel, Medikamente und vor allem auch Treibstoff sind Mangelware und erzielen horrende Preise am Schwarzmarkt. AnhängerInnen Ratsirakas verhaften Personen willkürlich, vereinzelt kommt es zu politisch motivierten Morden. Zeitungen sind in den Hochburgen der von Ratsiraka kontrollierten Gebieten wie Tamatave und Tulear verboten, Radiostationen wurden angezündet und Personen, die es immer noch wagen, Ravalomanana-T-Shirts zu tragen, müssen sich in aller Öffentlichkeit entkleiden. Trotz der Repressalien kann Ravalomanana auch in diesen Gebieten immer noch mit massiver Unterstützung der Bevölkerung rechnen.
Das Zögern der internationalen Gemeinschaft trotz des Vertragsbruchs Ratsirakas und die fehlende Anerkennung des Präsidenten Ravalomanana durch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, die Ratsiraka nahe steht, verschlimmert die Lage im Land.

Der Autor ist freier Journalist und besucht regelmäßig Madagaskar, zuletzt Anfang Mai.

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