Schmerzhafte Erinnerungen

Von Irmgard Kirchner · · 2009/06

Jedes Jahr sterben auf der Welt etwa 500.000 Frauen vor oder nach der Geburt ihres Kindes. Seit Jahrzehnten ändert sich daran wenig. Trotz Millenniumsentwicklungszielen (MDGs), dem ehrgeizigsten Entwicklungsvorhaben aller Zeiten. Um zwei Drittel soll die Müttersterblichkeit bis zum Jahr 2015 reduziert werden, verglichen mit den anderen Zielen eine besonders ehrgeizige Vorgabe. Und dazu – theoretisch – leicht zu erreichen. Würde doch die Gewährleistung professioneller Betreuung vor und nach der Geburt die Müttersterblichkeit drastisch reduzieren.

Das Thema „Müttersterblichkeit“, das wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben, ist ein „Entwicklungsthema“ schlechthin. Die Möglichkeit, dass eine Frau dann stirbt, wann sie dabei ist, Leben weiterzugeben, ist eine Grundangst im menschlichen Bewusstsein. In den reichen Ländern kennt man sie hauptsächlich aus Filmen, der Literatur und weit zurückreichender Familiengeschichte. In armen Ländern gehört sie zur Alltagserfahrung: Mütter und auch ihre Kinder sterben, weil kein Gesundheitsposten in der Nähe ist, weil die Kosten für eine professionell begleitete Geburt, seien sie auch noch so gering, die Ärmsten unzumutbar belasten.

Eine skandalöse Kluft zwischen armen und reichen Ländern tut sich auf. In Niger zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, an einer Komplikation rund um Schwangerschaft und Geburt zu sterben, mehr als sechstausendmal höher als in Irland.

Die anhaltend hohe Müttersterblichkeit hängt auch mit der Stellung der Frau in den Gesellschaften zusammen. Dort, wo Frauen besonders gering geschätzt werden, ist auch die Müttersterblichkeit hoch. Eine Schlüsselrolle nimmt – neben der Basisgesundheitsversorgung, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte – Bildung für Mädchen ein. Frühe Heiraten und Schwangerschaften sind verantwortlich für eine Vielzahl von Komplikationen, wie in dem Beitrag über Scheidenfisteln (siehe Seite 35) eindrucksvoll dargestellt wird.

Die Müttersterblichkeit könnte in kurzer Zeit mit vergleichbar geringen Mitteln reduziert werden. Dass so wenig geschieht, ist ein moralischer Skandal.

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