Wasserdichte Geschäfte

Von Marina Wetzlmaier · · 2013/04

Manila steht angeblich vor einer Wasserkrise. Ein umstrittenes Staudammprojekt soll die Lösung bringen. In Wirklichkeit ginge es nur um Profit, sagen KritikerInnen.

In zwanzig Jahren werde Manila nicht mehr genug Wasser für alle BürgerInnen haben, warnt die philippinische Regierung. Schuld daran sei die wachsende Bevölkerung. Offiziell zählt die Hauptstadt der Philippinen an die zwölf Millionen EinwohnerInnen, laut inoffiziellen Schätzungen könnten es sogar bis zu 20 Millionen sein. Als Lösung für die drohende Wasserkrise kündigte die Regierung Benigno Aquinos an, den Bau des umstrittenen Laiban-Damms fortzusetzen.

1978 wurde das Gebiet um den Kaliwa-Fluss etwa 60 Kilometer östlich von Manila als geeigneter Standort für einen Damm identifiziert. Seither wurde das Projekt immer wieder aufgeschoben, unter anderem aufgrund des Widerstands der ansässigen Bevölkerung. „Kommt es zum Bau des Damms, werden mindestens 4.313 indigene Familien vertrieben“, sagt Ric Reyes, Präsident der Freedom from Debt Coalition (FDC), einer NGO, die sich gegen Wasserprivatisierung einsetzt. „Tausende mehr wären betroffen, sollte der Damm brechen, der immerhin 113 Meter hoch werden soll.“ Laut FDC sei der Dammbau unnötig. „Wasser ist mittlerweile ein großes Geschäft“, kritisiert Reyes. Der Bau des Laiban-Damms soll geschätzte 85 Milliarden Pesos (umgerechnet ca. 1,6 Milliarden Euro) kosten und hauptsächlich durch Kredite und Public-Private-Partnerships finanziert werden.

Vor 16 Jahren bereits diente eine „Wasserkrise“ als Argument, um die Wasserversorgung Manilas zu privatisieren. Mit der Verabschiedung des Water Crisis Act schrieb der damalige Präsident Fidel Ramos den staatlichen Wasserversorger Metropolitan Waterworks and Sewerage System (MWSS) zum Verkauf aus. Finanziert durch Kredite bei multilateralen Institutionen war das MWSS hoch verschuldet, was auf Kosten der BürgerInnen Manilas ging. 1995 hatten lediglich 67% der Menschen in der Stadt Zugang zu Wasser und das für maximal 16 Stunden am Tag. Die Privatisierung sollte den Staat von den Schulden des MWSS entlasten. Manila wurde in zwei Teile geteilt – Ost und West – für die jeweils Konzessionen an jene Anbieter mit den günstigsten Wassertarifen vergeben wurden. Das Rennen machten die Konzerne Maynilad Water Services Inc. im Westen Manilas und Manila Water Inc. im Osten. Beide Konzerne sind Joint Ventures mit ausländischer und nationaler Beteiligung. Manila Water gehört der einflussreichen philippinischen Ayala Corporation, gemeinsam mit der britischen Firma United Utilities, dem US-Konzern Bechtel und Mitsubishi.

Laut Reyes von der Freedom of Debt Coalition war die Privatisierung ein großer Fehlschlag: „Mit blindem Vertrauen in den Markt wurde die Wasserprivatisierung vorangetrieben – ohne Konsultation der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft.“ Vor allem die ersten Jahre waren mit Schwierigkeiten verbunden. Maynilad übernahm mit dem Westen Manilas nicht nur die größere Kundschaft, sondern auch die höheren Altschulden des MWSS.

Hinzu kamen interne Schwierigkeiten, die 2003 zum Bankrott des Unternehmens führten. Ein Eigentümerwechsel rettete Maynilad schließlich. Mittlerweile versorgt Maynilad laut eigener Auskunft 1,1 Millionen Haushalte. In den vergangenen sechs Jahren sei die Kundschaft sogar um 58% gestiegen. Manila Water im Osten rühmt sich damit, 6,2 Millionen Menschen mit Wasser zu versorgen, im Vergleich zu den nur drei Millionen, die im Jahr 1997 Zugang zu Wasser hatten. Gleichzeitig stiegen jedoch die Wasserpreise. Anfangs hatte Manila Water noch einen Tarif von 2,61 Pesos pro Kubikmeter Wasser verlangt. Bis 2008 wurde der Tarif jedoch auf 26,98 Pesos erhöht. Im Westen stieg der Preis von 4,96 auf 32 Pesos.

Die arme Bevölkerung kann sich oft keinen Wasseranschluss leisten. Rund zweihundert Gemeinschaften gelten weiterhin als wasserlos. Maynilad und Manila Water versorgen einige informelle Siedlungen über Generalanschlüsse an den Eingängen der Viertel, die Rechnungen zahlen lokale Haushalts-Kooperativen. Damit endet jedoch die Verantwortung der Unternehmen, vor allem die Garantie auf die Sauberkeit des Trinkwassers. Von den Hauptanschlüssen ziehen die BewohnerInnen eigene Leitungen zu ihren Hütten – ein Netzwerk aus teilweise lecken und rostigen Rohren. Einige BewohnerInnen haben Angst, das Wasser zu trinken, und kaufen zusätzlich Mineralwasser. Arme Familien geben so oft zwischen 10% und 30% ihres Einkommens für Wasser aus.

Laut FDC liegen die Probleme der Wasserversorgung nicht am Mangel. „Es gibt keine Wasserkrise“, sagt Ric Reyes. Die Wasserversorger sollten vielmehr die Wasserverluste unter Kontrolle bringen, die zum Beispiel durch lecke Rohre entstehen. Außerdem müsse die Regierung ihre Perspektive ändern: „Anstatt einen höheren Wasserverbrauch zu fördern, sollte sie die Menschen über den sparsamen Umgang mit Wasser aufklären.“ Bestehe danach immer noch der Bedarf an mehr Wasser, sollten kleinere Dammprojekte umgesetzt werden. „Der Schaden wäre dadurch geringer. Ein Großdamm wie das Laiban-Projekt entspricht nicht unserem Verständnis von nachhaltiger Entwicklung.“

Marina Wetzlmaier studierte Internationale Entwicklung in Wien und arbeitet zurzeit bei FIAN (FoodFirst Information and Action Network) in Manila.

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