„Zahlreiche Menschenrechte verletzt“

Von Sharmila Karki · · 2004/07

Sharmila Karki, 37, in Nepal, den USA und Schweden ausgebildete Soziologin, ist Präsidentin der Menschenrechtsorganisation Jagaran Nepal („Achtung Nepal“). Mit ihr sprach Tom Spielbüchler in Kathmandu.

SÜDWIND: Die maoistische Revolution und die Aussetzung der Demokratie machen Menschenrechtsverletzungen zu einem großen Problem in Nepal. Seit wann gibt es Gruppen wie Jagaran?
Karki:
Die Menschenrechtsbewegung begann 1988 im Schatten von Amnesty International. Politische Parteien waren damals verboten.

Mit Einführung der Demokratie 1990 schien diese Problematik vorerst entschärft…
In den 1990ern standen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte im Vordergrund. Wir bekämpften die Unterentwicklung in den ländlichen Gebieten, das Kastenwesen und den Feudalismus.

1996 begann die maoistische Revolution. Brachte das eine erneute Veränderung ihrer Arbeitsschwerpunkte mit sich?
Zunächst kam es zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei. Übergriffe auf die Bevölkerung, Terror, psychische Gewalt, Verschleppungen, Hinrichtungen und besonders auch Gewalt gegen die Frauen. Mit Demütigungen und Vergewaltigungen wollte man die Rebellion bekämpfen. Dies steigerte sich, seit das Militär die Maoisten bekämpft. Zudem verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation am Land. Die Lieferung von Versorgungsgütern in entlegene Gebiete wurde eingestellt, um damit auch die Rebellen von Nahrungsmitteln abzuschneiden. Dies schuf eine große Zahl von Binnenflüchtlingen. Die Männer verließen die Dörfer, um irgendwo Arbeit zu finden. Zurück blieben Alte, Frauen und Kinder.

Gab es auch Menschenrechtsverletzungen durch die Maoisten?
Auch von dieser Seite wurde gemordet. Spionageverdacht oder die Unterstellung, die Regierung zu unterstützen, genügten als Grund. Zudem wurden die persönlichen Freiheiten der Menschen beschnitten: Bewegungsfreiheit, Redefreiheit oder das Recht auf eine eigene politische Meinung. Dazu kamen Plünderungen von beiden Seiten. Auch dies traf die Frauen am meisten.

Gerade die politischen Rechte waren aber ursprüngliche Anliegen der Maoisten.
Die Rebellion hatte auch positive Aspekte. Sie brachte soziale Veränderungen. Die Leute wurden politisiert und Frauen am Land bekamen die Möglichkeit zu politischen – und militärischen – Aktivitäten im Rahmen der Revolution. Vielfach nahmen die Maoisten den Leuten ihre Lähmung gegenüber der Obrigkeit. Dennoch wurden zahlreiche Menschenrechte verletzt.

Führten die beginnenden Demonstrationen gegen die Monarchie zu einer erneuten Verlagerung des Schwerpunktes Ihrer Arbeit?
Seit 1. April stehen wieder die politischen Rechte im Vordergrund. Die Regierung geht mit Gewalt gegen die Demonstranten vor – auch gegen friedliche Proteste. Mitte April kam es zu einer Kundgebung der Menschenrechtsorganisationen. Dabei wurden auch wir mit Gewalt für einige Stunden festgenommen. Gegen politische Führer geht die Polizei ebenfalls gewaltsam vor.

Wie steht es mit den Arbeitsmöglichkeiten der Journalisten?
Die Polizei ging bei dieser Demonstration massiv gegen Journalisten vor und beschnitt damit die Pressefreiheit. Das führte zu einer Solidarisierung vieler Medien mit den Protesten. Zahlreiche Journalisten nahmen an weiteren Kundgebungen teil.

Sharmila Karki

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