Zusammengeknüllt und entfaltet

Von Caroline Maraszto · · 2002/02

Rapmusik ist im Senegal beliebt. Die Gruppe „Pee Froiss“, die zu den bekanntesten Vertretern dieser Musikrichtung gehört, begeisterte auch in Österreich.

Es wird explodieren! (Ça va P.T.!) Dieser Songtitel erschien als Warnung in Richtung senegalesische Politik schon im Juli dieses Jahres auf der neuesten Kassette der Rapgruppe Pee Froiss. Explosiv und zündend ist ihre Musik und reicht von Hiphop über Rap bis Soul – erstmals in Wien zu erleben war die Gruppe im Oktober in der Szene Wien und im Rahmen der Ausstellungseröffnung von „Televisions“ im Museumsquartier.

Sänger Khouman erklärt die Bedeutung des Namens der Band: „Es ist wie mit einem zusammengeknüllten 1000-Schilling-Schein – du wirst einen 20er-Schein erst einmal für etwas Wertvolleres halten, bis du den 1000er auseinandergefaltet hast.“ „Froiss“ steht für die Handlung des Entfaltens beziehungsweise für das Zerknittertsein des 1000ers, während „Pee“ Gruppe heisst. Froiss bedeutet auch Enttabuisierung und meint die Richtigstellung des Bildes von der senegalesischen Gesellschaft als einer reinen, in der alles in Ordnung ist. Das Zerknitterte wird entfaltet und so kann die Wahrheit zutage treten. Verdrängte Probleme (wie z. B. hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität) werden dadurch sichtbar.

Pee Froiss sind nach „Positive Black Soul“ die bekanntesten Vertreter des senegalesischen Rap – in Senegal gibt es an die 2000 Rapgruppen, darunter einige wenige Rapperinnen; eine von ihnen – Sista Joyceline – war in früheren Zeiten Mitglied von Pee Froiss.


Befragt man Pee Froiss zu ihren Vorbildern, so zählen sie zum Großteil traditionelle MusikerInnen auf, zum Teil auch solche, die in Europa kaum bekannt sind. Youssou N’Dour wird von ihnen nur im Zusammenhang mit dem senegalesischen Showbizz lobenswert erwähnt, als Impulsgeber und Förderer junger Kunst wird er, auch wenn er sich gerne so darstellt, schon lange nicht mehr gesehen.

Die Gruppe Pee Froiss besteht heute aus DJ Gee Bass, der die Turntables (im Senegal selten, da solche Anlagen dort kaum erschwinglich sind) bedient und die Hintergrundstimme singt, Kool Kocsis, der rappt und singt, und Khouman, der vor allem rappt, ansagt und das Publikum animiert – drei kritische Protagonisten der heutigen senegalesischen Gesellschaft.


Sie spielten eine wesentliche Rolle im Präsidentschaftswahlkampf des Jahres 2000, als es darum ging, die große Masse junger Menschen in den Vorstädten Dakars dazu zu bewegen, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Dies geschah in diesem Ausmaß dann auch zum ersten Mal in der Geschichte Senegals.

Pee Froiss sparen nicht mit Kritik. So machen sie keinen Hehl daraus, dass sich die Lebensbedingungen der Menschen in Pikine, der eine Million Menschen zählenden Vorstadt Dakars, seit Amtsantritt des neuen Präsidenten Abdulaye Wade nicht geändert haben. Wenn nicht bald etwas geschieht, wird es da explodieren! Das singen Pee Froiss und es ist ihnen ernst, wenn sie an die in den Vorstädten groß gewordene Generation denken, die sie als die „geopferte“ Generation bezeichnen. „Hier ist es gefährlich – kennst du das Lied der gefährlichen Menschen?“ – singen sie weiter und parodieren ein altes französisches Chanson: „la balade des gens heureux“ – das Lied der glücklichen Menschen…

Die Gruppe schließt ihren Wiener Auftritt mit einer Intonierung traditioneller Tassu-Rhythmen, die die Wurzeln des heutigen Hiphops bilden, wie Pee Froiss unterstreichen. Was viele Menschen hierzulande nicht wissen: Der Rap und der Hiphop, wie wir ihn heute weltweit und in vielen Ländern hören, hat sich aus traditionellen afrikanischen Grundrhythmen entwickelt

Caroline Maraszto studierte Romanistik, Afrikanistik und Ethnologie in Wien, ist spezialisiert auf Bildung und Kultur im frankophonen Westafrika und Mitarbeiterin bei vidc/kulturen in bewegung

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