Schmetterlinge aus Mosambik

Von Julieta Mussanhane · · 2003/02

Der schwedische Bestsellerautor Henning Mankell hat für Graz, die Europäische Kulturhauptstadt 2003, das Theaterstück „Butterfly Blues“ geschrieben. Die mosambikanische Journalistin Julieta Mussanhane war bei der Premiere der österreichisch-mosambikanischen Ko-Produktion dabei.

Wenn im vorigen Jahrhundert ein Mann vom Land in die Stadt abwanderte, hieß das, dass er ein besseres Leben für seine Familie suchte. Heute sind die Städte in Afrika zum Bersten voll, und es gibt zu wenig Arbeit, vor allem nicht für Menschen ohne Ausbildung. Dazu kommen noch die Bürgerkriege, die Menschen zur Flucht zwingen. Die Menschen versuchen es in Europa, ein alter Kontinent, der alles zu versprechen scheint.
„Butterfly Blues“, geschrieben von Henning Mankell und uraufgeführt (am 10.1.2003) im Schauspielhaus Graz im Rahmen des Eröffnungsprogramms von „Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas“, erzählt uns eine Geschichte, die sich vor diesem Hintergrund abspielt: Zwei Mädchen verlassen ihre Heimat in Afrika, um in Europa ein besseres Leben zu finden. Doch sie sind mit Gewalt und Tod konfrontiert, müssen stehlen, um zu überleben, und verkaufen Spielzeug und Mobiltelefone auf der Straße.
Überzeugungen und Hoffnungen sind das wichtigste dramatische Material. Wenn etwa eine der beiden Hauptfiguren (Lucrécia Paco) in „Butterfly Blues“ erzählt: „Mein Vater sagte mir vor seinem Tod, wo immer du auch hingehst, wirst du jemanden finden, der auf dich wartet“, so drückt sich darin auch die Hoffnung aus, einen neuen Platz zum Leben zu finden. Ihr Vater wurde von politischen Machthabern in Afrika ermordet. Zuhause hatte sie keine Zukunft, der einzige Ausweg war die Auswanderung nach Europa.

Das Stück war für alle eine große Herausforderung. Es wird Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch und Changana gesprochen, und es gibt ein Lied in der Chope-Sprache über Liebe und Glück. Johannes Lang, einer der Grazer Darsteller, meinte: „Es war eine wunderbare Arbeit, es war eine meiner besten Vorstellungen in meinem ganzen Leben, einfach unglaublich, ich bin sehr glücklich, dass ich diese wunderbaren Kolleginnen aus Mosambik habe.“
Henning Mankell empfand einigen Stolz, als er die drei Künstlerinnen aus Mosambik erstmals auf der Bühne des Schauspielhauses sah – ein Traum wurde Wirklichkeit. Auch er wusste von Anfang an, dass es sehr schwierig werden würde. Graça Silva und Lucrécia Paco mussten in einem Stück fünf Sprachen sprechen, noch dazu auch Deutsch, das sie erst während der 54 Tage dauernden Probezeit lernten – was zweifellos für ihre Professionalität spricht.

Das Teatro Avenida, das Stammhaus von Lucrécia Paco, Graça Silva und Mariana Venancio Mbande, ist in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo als Ort der KünstlerInnen bekannt. Neben „Mutumbela Gogo“, der aus fünf SchauspielerInnen bestehenden Profitruppe, gibt es auch noch die Gruppe „M‘beu“ mit zwölf jugendlichen Mitgliedern. Mutumbela Gogo ist die einzige professionelle Schauspielgruppe des Landes, die Stücke ausländischer AutorInnen auf die Bühne bringt.
Mutumbela Gogo hat Mosambik auf Festivals in Afrika, Europa und Asien vertreten. Manuela Soeiro, die Intendantin des Teatro Avenida – sie gestaltete das Bühnenbild zusammen mit Gabi Mai (Bühne und Kostüme) – bemühte sich stets darum, Mutumbela Gogo auf die besten Bühnen der Welt zu bringen. Henning Mankell schloss sich der Gruppe 1987 an, zwei Jahre nachdem er Manuela Soeiro kennenlernte. Seither inszenierten sie zwölf Stücke gemeinsam.
Das Grazer Schauspielhaus ist in keiner Weise mit dem Teatro Avenida zu vergleichen, das von einer schwedischen Entwicklungsagentur in Maputo gesponsert wird. Abgesehen davon finanziert sich das Theater durch den Kartenverkauf und eine Bäckerei (die Bäckerei kommt übrigens auch in Mankells Buch „Der Chronist der Winde“ vor; sie existiert tatsächlich und ist keine Fiktion!).
Ich hoffe, dass Europa mit „Butterfly Blues“ begreifen wird, dass Kunst keine Grenzen kennt. Ich glaube, dass es sich um den Beginn einer guten Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa auf hohem Niveau handelt. Wahrscheinlich wissen einige ÖsterreicherInnen nicht, wo Mosambik liegt, aber nun können sie sich immerhin vorstellen, wie sich das Land künstlerisch entwickelt.
Mit Worten lässt sich nicht beschreiben, was diese Arbeit für beide Seiten bedeutete. Man sollte darüber nachdenken, wie diese Art der Zusammenarbeit weitergehen kann.

Übersetzung: Robert Poth.

Julieta Mussanhane arbeitet bei Radio Mosambik (RM). RM wird vom ÖNSI und der ÖEZA im BMAA unterstützt. Sie ist auf Einladung von ÖNSI und vidc/kulturen in bewegung nach Graz und Wien gekommen, um über die Premiere von „Butterfly Blues“ und ihre Eindr

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