Auf der Suche nach Heimat

Von Redaktion · · 2016/04

Die aus der Westsahara stammende Musikerin und politische Aktivistin Aziza Brahim präsentiert ein neues Werk.

Am 27. Februar 1976 wurde in Bir Lehlu von der Frente Polisario die Demokratische Arabische Republik Sahara auf dem Gebiet der Westsahara ausgerufen. Sie kontrolliert aber nach wie vor nur ein Drittel des Gebietes. Vierzig Jahre nach der Besetzung der Westsahara durch Marokko haben die Sahrauis noch immer keinen eigenen Staat und kein Recht auf Selbstbestimmung. Viele leben nach wie vor in Flüchtlingslagern bei Tindouf in Algerien. Bereits 1999 ist auf dem spanischen Label Nubenegra „Sahrauis“, eine umfassende 3-CD-Box mit Musik der Westsahara, erschienen. Davon ist eine CD ausschließlich musizierenden Frauen vorbehalten.

Die damals noch sehr junge Aziza Brahim ist auch schon darauf zu hören. Auch sie ist in einem Flüchtlingslager geboren. Als sie elf Jahre alt war, bekam sie die Gelegenheit, in Kuba weiterführende Schulen zu besuchen. Leider verschlechterten sich dort in den 1990ern die wirtschaftlichen Verhältnisse und damit auch Brahims Musikstudium-Ambitionen.

Wieder Algerien. Zurück in den algerischen Flüchtlingslagern betätigte sie sich in verschiedenen Ensembles. Aber bereits seit 2000 lebt sie in Barcelona. Ihr Album „Soutak“ war ein durchschlagender Erfolg, es führte drei Monate lang die World Music Charts Europe an und nahm dort auch Platz 1 der Jahrescharts 2014 ein. Zu hören ist darauf eine interessante Mischung malischer, spanischer, kubanischer und aktueller anglo-europäischer Musikkulturen, zusammengehalten von ihrem zweifellos tiefen Verständnis traditioneller Sahraui-Lieder. In ihren Texten nimmt sie sich kein Blatt vor den Mund und spart Details der Unterdrückung keineswegs aus.

Neues Werk. Brahims neues, auf dem Label Glitterbeat erschienenes Werk „Abbar El Hamada“, (Durch die Hammada) fügt sich da inhaltlich nahtlos ein.

Musikalisch sind jedoch deutlich mehr westafrikanische Klänge erkennbar. Auch vielleicht wohl mit der Erkenntnis, nicht unbedingt jedes Mal besonders universell eingängige Melodien erschaffen zu müssen. Der musikalischen Darbietung tut das jedoch insgesamt gut. Ein bisschen mehr weg vom musikalischen Melting Pot Barcelona hat keinesfalls geschadet. Der Song „La Cordillera Negra“ erinnert an die 1970er, als die Super Rail Band in Mali musizierte, auf „Mani“ greift der bekannte Desert-Blueser Samba Touré zur Gitarre. Die Texte, die sich auch oft sehr poetisch präsentieren, liefern ein umfassendes Statement über die gelinde gesagt turbulente Zeit, in der wir heute leben. Immer schwingt auch die Suche nach Heimat mit. Freilich kann Aziza Brahims Geschichte in gewisser Weise als exemplarisch für viele Tragödien und Hoffnungen stehen.

Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des „Concerto“, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.

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