„Aus der Isolation ausbrechen“

Von Christian Gratzer · · 1999/03

Araba Evelyn Johnston-Arthur ist Vorsitzende von Pamoja, der 1997 gegründeten Bewegung der jungen afrikanischen Diaspora in Österreich. Sie untersucht zur Zeit im Rahmen ihrer Diplomarbeit „Die Erfahrungen der afrikanischen Diaspora in Österreich“. Mit ih

SÜDWIND: Welche Ziele verfolgt Pamoja?

Pamoja ist eine Gruppe für Afrikaner und Afrikanerinnen, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben. Die Ziele werden durch unseren Namen ausgedrückt: Pamoja ist ein Swahili-Wort und heißt zusammen. Wir wollen uns gemeinsam für unsere Rechte in diesem Land einsetzen. Wir wollen aus der Isolation ausbrechen, uns sichtbar machen und das Bewußtsein in Österreich verändern.

Was verbindet die afrikanische Diaspora in Österreich?

Die Überlebensstrategie, die wir durch unsere Erfahrungen entwickelt haben. Das ist ein Reichtum, den wir miteinander austauschen können. Man kommt dann drauf, daß es andere Menschen mit denselben Erfahrungen gibt. Das ist bereichernd und verbindend.

Wie definiert sich die afrikanische Diaspora in Österreich?

Wir definieren uns als Afro-Österreicher. Die Selbstdefinition ist sehr wichtig, um aus den Etiketten, die uns auferlegt werden, auszubrechen: also Bezeichnungen wie „Mischlinge“, „Farbige“, „Neger“. Das Wort „Mischling“ hat eine sehr blutige Geschichte. In der Nazi-Zeit sprach man von „Mischling-Bastarden“, die sterilisiert wurden. In Deutschland sind das mehr als 2000 gewesen. Das Gegenteil von „Mischling“ ist „Reinling“. Wohin die Idee der „reinen Rasse“ führt, sollte bekannt sein. Das Wort „Farbige“ ist durch das Apartheidregime in Südafrika geprägt worden und hat damit ebenfalls einen rassistischen Hintergrund.

Laut Studien ist Rassismus in der österreichischen Bevölkerung weit verbreitet. Wie erleben Sie diese Stimmung?

Die Erfahrungen summieren sich zu einem Lebensgefühl, eine exotische Ausnahmeerscheinung zu sein, im positivsten und im negativsten Sinn des Wortes. Ich erlebe in Österreich etwas, was ich als „Anstarrungskultur“ bezeichne. Man hat keine Scheu, Menschen anzustarren. Das nimmt einem die Individualität weg. Man wird als ein Objekt betrachtet, als ein „Neger“.

In letzter Zeit haben rassistische Übergriffe durch die Polizei zugenommen. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Polizei gemacht?

Ich selber habe keine negative Erfahrungen gemacht. Mein Bruder, der 19 ist, wird hingegen ständig kontrolliert. Um Unannehmlichkeiten zu verhindern, hat er immer seinen Paß mit, obwohl er als österreichischer Staatsbürger dazu nicht verpflichtet wäre. Die Polizei verlangt aber immer wieder seinen Paß. Das betrifft sehr viele Jugendliche. Das zeigt, wie unmöglich diese Gesetzeslage ist, also die unterschiedlichen Regelungen für „Inländer“ und „Ausländer“. Dabei wird gleichzeitig behauptet, alle Menschen sind ungeachtet ihrer Hautfarbe und ihrer ethnischen Herkunft gleich. Das ist ein Problem, das man nicht bagatellisieren kann.

Wie könnte die Situation der afrikanischen Minderheit in Österreich verbessert werden?

Das geht nur gemeinsam. Solange die Mehrheitsbevölkerung im Fall eines Übergriffes wegschaut und es keine Zeugen gibt, ist es für uns unmöglich, uns auf gerichtlicher Ebene gegen Übergriffe zur Wehr zu setzen. Das Miteinander ist sehr wichtig. Nicht nur in der afrikanischen Diaspora, sondern überhaupt in der Gesellschaft.

Wir danken für das Gespräch.

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