Bevölkerungsexplosion bei Dickhäutern

Von Arno Mayer · · 2008/05

Südafrika lässt den kontrollierten Abschuss von Elefanten wieder zu.

Noch ahnen die Dickhäuter im Krüger-Park nicht, was ihnen blüht. Nach zwölf Jahren beschaulichen Lebens hat sich der Elefanten-Bestand auf rund 14.000 Tiere nahezu verdoppelt. Der Grund: 1995 war das so genannte Culling – das kontrollierte Abschießen der Schwergewichte – auf Druck von Tierschützern eingestellt worden.
Jetzt wird das Keulen nach jahrelanger Diskussion erneut aufgenommen. Obwohl die entsprechenden Bestimmungen bereits am 1. Mai in Kraft treten, wird es wegen der nötigen Vorbereitungen wohl mindestens noch zwei Jahre dauern, ehe im Krüger-Park wieder überzählige Elefanten getötet werden.
Im Fachchinesisch ist vom Elefanten-Management die Rede. Klingt sehr technisch, wenn man bedenkt, dass die Menschen zu den Dickhäutern ein ganz besonderes Verhältnis haben. Die größten Landsäugetiere gelten nicht nur als äußerst intelligent. Sie leben auch in Familienverbänden und sind einfach schön anzusehen, wenn sie gemächlich durch den Busch ziehen und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Natürliche Feinde brauchen sie nicht zu fürchten.
Allerdings zerstören die Elefanten bei der Nahrungsaufnahme oft den Busch und so auch das Habitat anderer Tiere. Wer einmal gesehen hat, wie sie nicht nur Büsche, sondern auch ganze Bäume ausreißen, der versteht, was die ExpertInnen besorgt macht. Ein ausgewachsener Elefant vertilgt pro Tag bis zu 300 Kilo Blätter und Gras.

In der Zeit ohne Culling wurde im Krüger-Park allerhand ausprobiert, um die Zahl der Dickhäuter zu begrenzen. Das reichte von Antibaby-Pillen für die weiblichen Tiere bis zur Umsiedlung in andere Parks. Allerdings lassen sich damit nur kleine Bestände kontrollieren. Auch die Grenze zu Mosambik wurde für die Elefanten geöffnet und immerhin fühlen sich dort inzwischen 800 Tiere heimisch. Aber niemand weiß, ob sie dort auf Dauer bleiben werden.
Die Verwaltung des Krüger-Parks und mit ihr viele ExpertInnen sind zu dem Schluss gekommen, dass das Culling wieder aufgenommen werden muss, wenn das biologische Gleichgewicht in dem riesigen Park – er hat die Größe Israels – nicht zerstört werden soll.
Umweltminister Marthinus van Schalkwyk prüfte zweieinhalb Jahre lang Hunderte von Vorschlägen, ehe er eine Entscheidung zum Culling traf. Es darf erst dann wieder aufgenommen werden, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Außerdem werden strenge Auflagen für das Töten der Tiere gelten.

Dennoch lässt sich schon jetzt absehen, dass das Keulen erneut einen Aufschrei unter Tierschützern auslösen wird, wenn wieder Bilder der unerfreulichen Prozedur um die Welt gehen.
Von 1967 bis 1995 wurden im Krüger Nationalpark insgesamt 14.562 Elefanten erlegt. Dabei wurde ein Mittel verwendet, das die Atmung der Tiere lähmte, ehe sie starben. Künftig sollen die Dickhäuter mit einem Schuss ins Gehirn getötet werden, den erfahrene Schützen vom Hubschrauber aus abgeben.
In ganz Südafrika leben 20.000 Elefanten. In Simbabwe sind es 85.000, in Mosambik 27.000 und in Botswana sogar 190.000. In Botswana lässt sich zum Beispiel im Chobe-Nationalpark gut studieren, welche Nachteile eine Überpopulation von Elefanten mit sich bringt. Die Giraffen haben wegen Futtermangels jene Teile des Parks verlassen, in denen die Dickhäuter die Vegetation stark geschädigt haben.
Wird nichts unternommen, dann vermehren sich die Elefanten mit einer Rate von sechs bis sieben Prozent pro Jahr. Minister van Schalkwyk hat versprochen, dass das Culling nur als allerletztes Mittel genehmigt werde und es kein „wahlloses Abschlachten“ geben wird. Er weiß genau, welche Emotionen das Abschießen von Dickhäutern auslösen kann. Wie viele Elefanten gekeult werden sollen, sagte der Minister nicht. Vor dem Abschussverbot waren jährlich 400 bis 600 Tiere getötet worden.
Das Elfenbein der Elefanten-Stoßzähne soll weiterhin im Krügerpark gelagert und nicht sofort verkauft werden, um jedem Verdacht der Profitmacherei vorzubeugen. Der Verkauf von Elfenbein wird ohnehin international reguliert und überwacht.
Die meisten Umweltschutzorganisationen haben sich mit den Plänen van Schalkwyks abgefunden, offenbar weil sie das Gefühl haben, dass es eigentlich keine andere Lösung gibt. Nur die Organisation „Animal Rights Africa“ (ARA) hat dem Minister vorgeworfen, die Tür für „den Genozid an Elefanten im südlichen Afrika“ geöffnet zu haben. Gleichzeitig drohte sie damit, Boykotte – etwa auf dem Gebiet des Tourismus“ – zu organisieren.

Arno Mayer arbeitete 40 Jahre lang für die Deutsche Presse-Agentur, davon 30 Jahre als Auslandskorrespondent, unter anderem in der Sowjetunion, in den USA und im südlichen Afrika.

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