Biblische Kräuter

Von Miriam Wiegele · · 2001/07

Die Bibel erzählt auch davon, wie Kräuter, Gewürze und Düfte zum Wohle des Menschen verwendet werden können.

„Entsündige mich mit Ysop, Herr, dann werde ich rein, wasche mich, dann werde ich weißer als der Schnee“, fleht David im Psalm 51, nachdem Gott ihn dafür bestrafte, dass er aus Leidenschaft zur schönen Batsheba zum Verbrecher wurde.

Der Name „Ysop“ steht dabei als Sammelbegriff für eine Reihe von Heilpflanzen, die bei den Juden des Alten Testamentes in hohem Ansehen standen. Man darf annehmen, dass das Volk Israel viel medizinisches Wissen aus Ägypten mitgebracht hat und dies sich mit der Kenntnis der heilenden Pflanzen aus der mesopotamischen Heimat vereinigte.

Ob mit „Ysop“ tatsächlich die Pflanze gemeint ist, die wir als Hyssopus officinalis botanisch bezeichnen, wird von bibelfesten BotanikerInnen eher angezweifelt. Wahrscheinlicher ist, dass der sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vielfach erwähnte „Ysop“ ein Oregano ist und zwar der in Palästina heimische Origanum syriacum. Der richtige Ysop (Hyssopus officinalis), ein wunderschön blau blühender Lippenblütler, ist zwar im Mittelmeerraum heimisch, aber nicht im Vorderen Orient und in Ägypten.

Der syrische Oregano eignet sich als Würze für herrliche Gemüsegerichte wie Kohlrouladen oder gefüllte Mangoldblätter. Auch Melanzani, ob gebraten in Joghurtsauce oder mit Reis gefüllt, schmecken mit Oregano gewürzt einfach besser, und natürlich verwendet man dieses Gewürz in der orientalischen Küche auch für Fleischgerichte, vor allem für Lamm.

Das Aroma des eigentlichen Ysop ist schwer zu beschreiben, es liegt irgendwo zwischen Kampfer und Weihrauch mit einem Hauch von Rosmarin und Lavendel. Der Geschmack ist stark und ein bisschen bitter, also sollte Ysop nur sparsam verwendet werden. Er harmoniert sehr gut mit anderen Kräutern wie Thymian, Minze und Oregano und ist in dieser Mischung eine herrliche Würze für gebratenes Fleisch wie Kebabs oder Gerichte mit faschiertem Lamm.

Es gibt noch viele andere Gewürzkräuter, die in der Bibel erwähnt wurden und auch heute noch in der Küche des Vorderen Orients eine bedeutende Rolle spielen. Der Schwarzkümmel (Nigella sativa) ist neuerdings über die Medien bei uns in Form von Kapseln aus seinem Samenöl populär geworden. Dieses kann auf Grund des hohen Gehaltes an Gamma-Linolensäure heilend bei Hautproblemen wie Neurodermitis helfen. Im gesamten Nahen Osten sind seine scharf schmeckenden schwarzen Samen als Würze am Fladenbrot zu finden. Für experimentierfreudige KöchInnen empfiehlt sich der Rat, die Samen auch zum Würzen von so banalen Gemüsegerichten wie Kartoffelsuppen zu versuchen.

Vermutlich ist der Schwarzkümmel die Pflanze, die bei Jesaija 28 als quetsach erwähnt wird: „quetsach wird mit dem Stab ausgeschlagen und kammoun mit dem Stock“. Die Samen der Nigella reifen in einer geschlossenen Kapsel und müssen daher erst mit dem „Stab“ geöffnet werden. Kammoun ist dagegen vermutlich der Kreuzkümmel (Cuminum cyminum), dessen Samen als Doldenblütler leicht ausgeschlagen werden können. Der Kreuzkümmel spielt in der orientalischen Küche eine sehr große Rolle. Dukka ist eine Gewürzmischung aus Nüssen, Pfeffer, Kreuzkümmel und Thymian, die man nicht nur zu Lammgerichten verwendet, sondern mit Olivenöl gemischt auch als pikanten Aufstrich für Fladenbrot nehmen kann.

Dass im Alten Testament Knoblauch (shuwm) und Zwiebel (batsel) hoch gepriesen werden, dürfte bekannt sein. Über Koriander (gad), der so gut wie Manna schmecken soll, wurde in dieser Kolumne bereits berichtet. Zuletzt sei noch die Minze empfohlen, deren Verwendung sowohl im Alten als auch im Neuen Testament erwähnt wird. Es empfiehlt sich, wenig mentholhaltige Arten wie die türkische „Naneminze“ zum Würzen orientalischer Gerichte wie Gurkensalate und anderer Gemüsegerichte zu verwenden.

Bezugsquelle für biblische Kräuter: Gartenbau Wagner, 8353 Kapfenstein, Gutendorf 36.


Der „richtige“ Oregano

Spezialisierte Kräutergärtnereien bieten die Originalpflanze Origanum syriacum an. Da er nicht hundertprozentig winterhart ist, empfiehlt es sich, ihn im Topf zu kultivieren, was seinem Wachstum keineswegs abträglich ist, und es lohnt sich, denn frisch verwendet entfaltet sich das Aroma viel besser.
Leider bieten Gärtner hierzulande häufig den heimischen Dost (Origanum vulgare) zum Kauf an, der zwar botanisch ein Oregano ist, aber auf Grund einer unterschiedlichen Zusammensetzung des ätherischen Öles mit den südländischen Oregano-Arten würzmäßig nicht mithalten kann. Vor allem wenn man orientalisch kochen will, sollte man den richtigen Oregano verwenden.

www.gartenbauwagner.at

Miriam Wiegele ist Ethno-Botanikerin und Publizistin. Sie lebt in Weiden im Burgenland.

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