Das Anti-Paradies

Von Ralf Leonhard · · 2002/02

Man muss nur die täglichen Nachrichten hören, um von Berichten über Gewalttaten überschwemmt zu werden. Gewalt ist primitiv. Sie greift Platz, wenn Argumente versagen. In den zwischenstaatlichen Beziehungen genauso wie zwischen Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Staatsgrenze und in der Familie. Aller Fortschritt der Menschheit auf den Gebieten der Wissenschaft, des Rechtsstaates und der Demokratie hat die Gewalt nicht aus der Welt schaffen können. Kinder werden geprügelt, missbraucht, körperlich und seelisch misshandelt.
Minderheiten werden verfolgt oder ausgegrenzt, ideologische Feinde über den ganzen Erdball gejagt. Auch das gesellschaftlich anerkannte Gewaltmonopol des Staates zum Schutz der BürgerInnen wird nicht immer maßvoll und verhältnismäßig angewandt. Gewalt ist allgegenwärtig, obwohl den meisten Menschen eine Paradiesutopie als Inbegriff von Frieden und Harmonie zwischen den Geschöpfen als Idealzustand vorschwebt. Wenn alle den Frieden wollen, müssen die anderen am Unfrieden schuld sein, sei es durch direkte Aggression oder durch strukturelle Gewalt. Aggression wird mit Gegengewalt beantwortet, strukturelle Gewalt provoziert revolutionäre Gewalt.

Keine Religion oder Heilslehre ist davor gefeit, zur Rechtfertigung von Gewalt angerufen oder missbraucht zu werden. In jüngster Zeit wurde die Verteidigung von Menschenrechten zunehmend als Begründung oder Vorwand für Militäraktionen herangezogen. Da können selbst PazifistInnen dem Krieg ihren Segen nicht verweigern. Auch wenn die Begleitumstände suspekt sind.
Gibt es gerechte Kriege, gerechtfertigte Gewaltanwendung? Auch die Verfechter gewaltlosen Widerstands zeigen sich hilflos gegenüber den Entwicklungen, die der 11. September ausgelöst hat. Sie können vielleicht erklären, was alles verabsäumt wurde und wie Aggressionen entstehen. Doch sie haben kein Rezept, solange die Waffen sprechen. Der Mensch und die Politik reagieren nicht immer rational, sondern oft im Interesse kurzfristiger Vorteile. Also primitiv. Deswegen gibt es so viel Gewalt.

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