Der EU-Konvent und wir

Von Claudia Bonk · · 2002/12

Wenn die entwicklungspolitischen Organisationen nicht rasch intervenieren, gerät die Entwicklungszusammenarbeit in Gefahr, im neuen EU-Vertrag zu einem bloßen Instrument der Außenpolitik zu verkommen.

Seit Anfang des Jahres 2002 geht ein Gespenst um. Alle haben irgendwie schon einmal davon gehört, aber nur wenige wissen, was es genau ist, wie es funktioniert, worum es geht – und dass wir alle aufgefordert sind mitzutun. Und noch wenigeren ist bewusst, dass wenn wir nicht mittun, der europäischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) im schlimmsten Falle ihre Grundlage entzogen wird. Die Rede ist vom Europäischen Konvent.
Im Dezember 2001 von den EU-Staatschefs einberufen, soll er bis März 2003 grundlegende Reformvorschläge erarbeiten, wie die Europäische Union nach der anstehenden Osterweiterung weiter funktionieren kann, welche Rolle Europa in der Welt einnehmen soll und wie Europa den BürgerInnen näher gebracht werden kann.
Neben den 105 Mitgliedern und 13 BeobachterInnen des Konvents wurde das sogenannte Forum gegründet, ein virtuelles Gebäude für die Beteiligung der Zivilgesellschaft. Es handelt sich um Dinge wie Websites, tatsächliche Konsultationstreffen der Arbeitsgruppen mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft, dem Jugendkonvent etc., dessen Beiträge in die Debatte des Konvents einfließen sollen.

Nach einer viermonatigen „Anhörungsphase“, in der auch die Anliegen und Vorschläge der NGOs präsentiert wurden, wurden den anfangs eingesetzten sechs Arbeitsgruppen vier weitere hinzugefügt. Eine von ihnen ist für die Fragen der Außenbeziehungen zuständig und soll auch die Entwicklungszusammenarbeit behandeln. Bis September befanden sich die Arbeitsgruppen in der „Reflexionsphase“, mit Oktober hat die „Vorschlagsphase“ begonnen, die mit der Präsentation der Reformvorschläge im nächsten Frühling beendet wird. Danach sind die Regierungschefs am Zug.
Trotz der Verankerung der Entwicklungszusammenarbeit in den Verträgen von Amsterdam und Nizza hat sie bei weitem nicht das gleiche Gewicht wie die anderen Bereiche der Außenbeziehungen, sprich Handels- und Außenpolitik. Das bedeutet, dass die europäische EZA viele Defizite aufweist, die mit dem Konvent behoben werden könnten. Wenn die EU in Zukunft tatsächlich nachhaltige Entwicklungspolitik betreiben will, muss sich dies in einer ebenbürtigen Stellung von EZA, Handels- und Außenpolitik in einem neuen EU-Vertrag ausdrücken und dürfte auf keinen Fall dazu führen, dass die EZA zu einem Instrument der Außenpolitik verkommt. Doch alle Anzeichen deuten darauf hin.
Die Abschaffung des Entwicklungsministerrats im vergangenen Juli war ein erster Schritt, dem mit ziemlicher Sicherheit die Auflösung der Generaldirektion für EZA folgen wird. Mit der Schaffung von EuropeAid unter dem Vorsitz des Kommissars für Auswärtige Angelegenheiten wurde eine Unterordnung der EZA unter die Außenpolitik bereits begonnen. Außerdem konnte eine angestrebte Konventsarbeitsgruppe zur EZA nicht durchgesetzt werden, und in der einstigen EZA-Bastion Niederlande ist vor kurzem die Position der Entwicklungsministerin abgeschafft worden.

Wenn es die Zivilgesellschaft im Rahmen des Konvents nicht schafft, die Wichtigkeit der EZA zu untermauern und eine weitere Aufweichung der ohnehin schwachen legalen Basis der EZA zu verhindern, könnte ein neuer EU-Vertrag entstehen, in dem das Thema EZA nicht mehr als eigener Politikbereich mit eigenen Zielen und eigenem Budget vorkommt. Und dann werden sich NGOs und andere Akteure schwer tun, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung in Ländern ohne handels- oder sonstige politische Wichtigkeit für die EU zu erstreiten.
Deshalb ist es wichtig, dass sich sowohl auf nationaler wie auf EU-Ebene die NGOs informieren und beteiligen, ihre nationalen Konventsmitglieder ausfindig machen und informieren, und die entsprechende Arbeitsgruppe von der Wichtigkeit des Themas überzeugt wird.


Was tun?
Die europäischen Dachverbände der NGO-Netzwerke in Brüssel haben sich bereits in der sogenannten Civil Society Contact Group zusammengetan. Was fehlt, sind die nationalen Aktivitäten, die die europäischen Anstrengungen unterstützen.
Wie man sich einklinken und mitmachen kann, findet sich unter www.solidar.org. Mehr Informationen gibt es auch unter www.eurostep.org/pubs/position/convention/
index.htm
Ebenfalls bei Solidar kann eine CD-Rom zur „act4europe.campaign“ angefordert werden, die einen Einstieg, die Adressliste aller Konventsmitglieder, alle wichtigen Links, vorgefertigte Briefe etc. enthält.

www.eurostep.org/pubs/position/convention/index.htm www.solidar.org

Die Autorin ist Expertin für EU-Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit und arbeitet derzeit für Trialog im Bereich EZA, NGOs und Osterweiterung in Brüssel.

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