Der Stein im Schuh. Eine Fallstudie der Friedensgemeinde San José de Apartadó in Kolumbien

Von Redaktion · · 2012/05

Philipp Naucke

Sachbuch. Verlag Curupira, Marburg/ Lahn, Dezember 2011, 149 Seiten, EUR 15,-

Die Gemeinde San José de Apartadó, inmitten der Konfliktregion im Norden Kolumbiens gelegen, hat durch ihre heroische und verlustreiche Friedensinitiative bereits weltweit Aufsehen erregt. Im Jahr 1997 beschloss ein großer Teil der Gemeindemitglieder, sich als „Friedensgemeinde“ zu deklarieren. Diese Erklärung beinhaltet das Verbot jeglicher Zusammenarbeit mit den in der Region operierenden bewaffneten Akteuren: der Guerilla, den paramilitärischen Gruppen, den staatlichen Sicherheitskräften. Und sie fordert von diesen, ihren Status des gewaltlosen Widerstandes gegen den Krieg zu respektieren.

Diese pazifistische Willensäußerung inmitten eines Meeres der Gewalt endete jedoch in einem Blutbad. Genauer gesagt, sie endete noch nicht, denn die Friedensinitiative von San José existiert weiterhin, auch wenn in den knapp 15 Jahren ihres Bestehens von den etwa 1.350 Mitgliedern (bei einer Bevölkerungszahl von ca. 3.000 Menschen) bis heute 210 ermordet wurden, großteils von den Paramilitärs und der mit ihnen verbundenen Armee, zu etwa 15 % durch die Guerilla.

Der deutsche Autor Philipp Naucke, dessen Magisterarbeit hier präsentiert wird, besuchte die Gemeinde mehrmals zwischen 2006 und 2008. Er macht von Anfang an aus seiner Sympathie und Solidarität mit den Mitgliedern der Friedensgemeinde kein Hehl. Das hinderte ihn jedoch nicht, eine profunde wissenschaftliche Arbeit über ein historisches Projekt des gewaltlosen Widerstandes inmitten einer extrem gewaltsamen Konfliktsituation zu verfassen.

Die Gemeinde von San José ist zu einem Modell für zahlreiche weitere ähnliche Initiativen in Kolumbien geworden. In jüngster Zeit wird erstmals auch die kolumbianische Justiz in Sachen Friedensgemeinde aktiv. Ende 2010 wurden zehn Armeeangehörige wegen des Massakers im Weiler Mulatos vom März 2005 verurteilt, und Ende Jänner 2012 wurden aus demselben Grund sechs ehemalige Paramilitärs zu je 20 Jahren Haftstrafe verurteilt. Die Aggressionen und Drohungen gegen die Gemeinschaft bestehen jedoch weiter.

Die Guerilla, Paramilitärs und staatliche Sicherheitskräfte dringen weiterhin auf das Gebiet der Friedensgemeinde ein, doch diese lässt sich dadurch nicht einschüchtern und kämpft weiterhin für den Frieden, so wie mittlerweile etwa zwei Dutzend solcher Gemeinden in Kolumbien.
Werner Hörtner

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