Die blutroten Tomaten der Rosalía Morales

Von Ralf Leonhard · · 2000/11

Dietmar Schönherr

Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 2000, 134 Seiten, öS 234,-

Dietmar Schönherr schreibt sich in seinem ersten Gehversuch als Romancier vom Herzen, was sich in zahllosen Begegnungen mit Nicaragua aufgestaut hat. Seine, wie er es selber nennt, Liebesaffäre mit diesem Land, wo er mehrere erfolgreiche und gescheiterte Projekte aufgebaut hat, versucht er dem Leser, der Leserin durch mitunter sehr anschauliche impressionistische Skizzen der liebenswerten Widersprüche, die einem auf Schritt und Tritt begegnen, nahe zu bringen. Es bleibt beim Versuch. Denn die in Ich-Form erzählten Abenteuer sind teilweise in einem von Lokalismen und spanischen Ausdrücken gespickten Kauderwelsch geschrieben, wie es von EntwicklungshelferInnen, die zu lange im Lande waren, gesprochen und auch nur von Insidern verstanden wird. Nicht einmal ein Glossar klärt darüber auf, was etwa ein unvermittelt im Text auftauchender „garrobo“ ist (Leguan), und auch über die Natur des (zu allem Überfluss falsch geschriebenen) „carachillo“ (sic!) (Kaffee mit einem Schuss Rum) muss man rätseln. Ein sorgfältigeres Lektorat hätte zudem vermeiden können, dass die spanischen Akzente, wenn sie denn gesetzt werden, meistens falsch sind. Auch ist nicht einzusehen, warum Schönherr, der Zugang zu zuverlässigen Archivquellen hat, bei der Beschreibung des Papstbesuches von 1983 einen wilden Mix aus Wahrheit und Phantasie (Ort und Zeit der Handlung) walten lässt, oder warum die kolumbianische Insel San Andrés „ein paar Meilen von der nicaraguanischen Küste entfernt“ ist, obwohl ein Blick in den Atlas zeigen würde, dass es sich um mehrere hundert Kilometer handelt. Wer aber den nötigen Hintergrund hat, die unzähligen Anspielungen auf Personen, Orte und historische Ereignisse zu verstehen und sich vom ärgerlichen Insider-Slang nicht irritieren lässt, wird zweifellos die wehmütigen Gefühle nachvollziehen können, die den Autor bei jedem Besuch in Nicaragua beschleichen.

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