Die Grenzen des Verzichts

Von Redaktion · · 2014/10

Ein radikaler Konsumverzicht mag wünschenswert sein – nötig ist er nicht, meint Robert Poth.

Ökologische Fußabdrücke helfen uns, die Auswirkungen unseres Lebensstils auf die Biosphäre der Erde zu erfassen. Wir in Österreich etwa verbrauchen pro Kopf dreimal mehr Ressourcen als wir dürften: drei Erden anstatt einer. Müssen wir daher unseren Konsum radikal einschränken – und zwar auf Dauer? Nichts gegen eine Post-Wachstums-Ökonomie, aber so lässt sie sich nicht begründen: Selektive Konsumeinschränkung, mehr Effizienz und vor allem eine Energiewende würden ausreichen, um uns in den „grünen Bereich“ zu bringen.

Die Überlastung der Biosphäre hat nichts mit Konsumwahn zu tun. Sie ist im Wesentlichen auf zwei „Sünden“ zurückzuführen: 1. Wir nutzen mit fossilen Brennstoffen die falschen Energiequellen und das zudem ineffizient 2. Wir essen zu viel Fleisch. Allein der Bedarf an Kohlenstoffsenken zur Neutralisierung der durch diese zwei Sünden verursachten Treibhausgasemissionen sorgt dafür, dass der weltweite ökologische Fußabdruck heute mit 2,7 „globalen Hektar“ (gha) pro Kopf die Kapazitätsgrenze der Erde übersteigt, die bei 1,8 gha liegt. (Ein gha entspricht einem Hektar durchschnittlicher biologischer Produktivität und hilft, Verfügbarkeit und Verbrauch von Ressourcen zu vergleichen.)

Dieser „CO2-Fußabdruck“ macht davon mehr als die Hälfte aus, in Österreich knapp 60 Prozent. Unser übriger Fußabdruck bewegt sich mit 70 Prozent der Kapazitäten noch im Rahmen – und er nimmt nur langsam zu: seit 1961 um 0,69 Prozent pro Jahr. Das Weltwirtschaftsprodukt hat sich gleichzeitig fast versiebenfacht. Der Ressourcenverbrauch der reichen Länder liegt allerdings auch hier über dem Limit – um 30 Prozent. Dieser Überhang sollte sich durch effiziente und ökologische Ressourcennutzung und neue Technologien (z.B. „In-Vitro“-Fleisch) eliminieren lassen. Damit wäre Platz für den Rest der Welt geschaffen.

Mit einem Umstieg auf erneuerbare Energien, Effizienzsteigerung und der Minimierung der Fleischproduktion hätten wir das Hauptproblem, den CO2-Fußabdruck, gelöst. Eine freiwillige oder erzwungene Reduktion des Energieverbrauchs der globalen Mittelschichten wird dazu wohl nötig sein. Aber nur vorübergehend: Erneuerbare Energien gibt es im Überfluss – womit sich unsere Ressourcen sogar erweitern lassen. Mit Sonnenenergie ließe sich per Photosynthese etwa in innerstädtischen Tanks zusätzliche Biomasse erzeugen.

Konsumverzicht hat jedenfalls seine Grenzen. Selbst als Ultra-Öko-Veganer im Passivhaus mit null Flug- und Kfz-Kilometern bleibe ich über dem globalen Limit von 1,8 gha und damit ein Öko-Parasit (siehe mein-fussabdruck.at). Der Hauptgrund ist der Fußabdruck der Infrastruktur in Österreich (1,5 gha). Was uns zur Effektivität bringt: Allein durch den Windkraftausbau in Österreich 2013 und 2014 lassen sich bis zu 1,24 Mio. Tonnen CO2 einsparen. Um denselben Effekt zu erzielen, müssten sich je nach Berechnungsmethode bis zu 132.000 „Durchschnittsmenschen“ hierzulande in Post-Wachstums-AsketInnen verwandeln. Wäre auch hilfreich – aber wie viel Aufwand müsste dafür betrieben werden?

Robert Poth lebt als Übersetzer und Journalist (und unfreiwilliger Konsumverweigerer) in Wien. Dem Südwind-Magazin ist er als Lektor und freier Mitarbeiter seit mehr als zehn Jahren verbunden. Im Web: rpoth.at, rpoth.at/blog

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