Die Mittelmeer-Mär

Von Christina Bell · · 2015/03

Immer wieder Lampedusa. War die nur 20 km2 große Insel im Mittelmeer noch vor zehn Jahren kaum bekannt, ist sie mittlerweile zum Synonym geworden für einen ungleichen „Kampf“: den von tausenden Flüchtlingen, die jedes Jahr von Libyen oder Tunesien aus auf den europäischen Kontinent wollen, gegen einen High-Tech-Abwehrwall, mit dem genau das verhindert werden soll. In die Medien kommen die flüchtenden Menschen vor allem dann, wenn sie ertrinken oder erfrieren. BürgermeisterInnen von restlos überforderten kleinen Orten an den Außengrenzen appellieren an die Menschlichkeit der Verantwortlichen in anderen EU-Mitgliedsländern oder an die Vernunft. Beides bewirkt wenig.

Die Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat verlassen, sind für uns in Europa Zahlen in Statistiken oder Punkte auf der Weltkarte im Frontex-Hauptquartier in Warschau. Das Mittelmeer ist unser Berührungspunkt und für uns der dramatischste Schauplatz von Flucht. Dabei ist es nur eine potenzielle Etappe von vielen. Flucht spielt sich oft an ganz anderen Schauplätzen ab: In so genannten Entwicklungsländern, wo Flüchtlingslager für tausende Menschen aus dem Boden gestampft werden, als Interimslösung geplant, die permanenter Alltag wird. In Libyen oder auf der Sinai-Halbinsel, wo das Geschäft mit der Flucht floriert. In Israel, wo Flüchtlinge sich selbst organisieren, weil man sie in Gefängnisse steckt, wenn sie um Asyl ansuchen. In einem Land wie Österreich, wo jugendliche Flüchtlinge Sicherheit finden, aber keinen Kontakt zu ihrer Familie haben und den Tag fürchten müssen, an dem sie 18 werden. Oder in Ländern, in die Menschen zurückkehren, die dort vielleicht gar nicht mehr zuhause sind.

Überall sind Menschen auf der Flucht, Tendenz steigend. Wichtiger als Abschottung und ständige Verschärfung der Asylgesetze – was die österreichische Devise zu sein scheint – wäre es, die, die aus ihren Leben fliehen, als das zu behandeln was sie sind: Menschen mit Rechten.

Nachtrag: Unter den Flüchtlingen sind Familien, genauso wie einzelne Frauen, Kinder, Männer. Letztere überproportional: In Österreich stammen drei Viertel der Asylanträge von Männern. Eine Realität, die sich auch auf den kommenden Seiten widerspiegelt. Zu erzählende Geschichten gäbe es noch viel mehr.

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