Die Naxaliten in Indien. Agrarrevolten und kapitalistische Modernisierung

Von Redaktion · · 2011/11

Lutz Getzschmann

Sachbuch. Neuer ISP-Verlag, Karlsruhe 2011, 416 Seiten, € 32,00

Ein Gespenst geht um in Südasien – das Gespenst des Kommunismus in seiner maoistischen Ausprägung. Den Wahlsieg der nepalesischen Maoisten 2008 haben viele Regierungen der Anrainerstaaten mit Sorge verfolgt – darunter die indische Regierung. Denn in Indien firmieren unter dem Label „Naxaliten“ ebenfalls Maoisten. Geheimdienste schätzen die Zahl ihrer bewaffneten Kämpfer auf 20.000, plus ein Vielfaches an Unterstützerinnen – vor allem in einigen zentral- und ostindischen Bundesstaaten. Der indische Premierminister Manmohan Singh betrachtet sie als „größte Bedrohung der inneren Sicherheit“. Für Lutz Getzschmann ist der neuerliche Aufschwung der Naxaliten, die seit Ende der 1960er Jahre existieren, auch auf die Folgen der Marktöffnung Anfang der 1990er Jahre zurückzuführen. Er geht davon aus, dass in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren etwa 400 Millionen Menschen gezwungen sein werden, ihre ländlichen Gegenden zu verlassen und in die Städte zu übersiedeln.

In der Übergangsphase, so seine These, wird der Einfluss der Naxaliten weiter zunehmen, denn sie rekrutieren sich aus den Verlierern der ökonomischen Umwälzungen: Kleinbauern und Landlose, Dalits und Adivasis, die bis heute die indischen Regenwälder bevölkern und jetzt weichen sollen, weil Bergbauunternehmen Bodenschätze fördern wollen.

Anhand vieler Beispiele führt der Autor aus, wie unter dem Vorwand der „Naxalitenbekämpfung“ systematisch Menschenrechte verletzt werden. 1,4 Millionen Paramilitärs, die unter direktem Befehl des Innenministeriums in Neu Delhi stehen, terrorisieren die Bevölkerung. Besonders pikant ist der Fall des britischen Bergbauunternehmens Vedanta, das im Bundesstaat Orissa Bauxit in einer Region abbaut, die von mehreren tausend Adivasis bewohnt wird. Der indische Innenminister, Palaniappan Chidambaram, saß vor seiner Ministerkarriere im Aufsichtsrat des Bergbaukonzerns.

Dem selbst formulierten Anspruch, mit diesem Buch eine erste deutschsprachige Gesamtdarstellung der Naxaliten vorzulegen, wird der Sozialwissenschaftler voll und ganz gerecht.
Gerhard Klas

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