Dorfbanken und Kartoffelsilos

Von Werner Hörtner · · 2001/06

Eine Privatinitiative der Entwicklungszusammenarbeit versucht, auch Wirtschaft und Industrie für diese Fragen zu interessieren und als Projektförderer zu gewinnen.

Der große Saal im Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz in Wien war bis auf den letzten Platz gefüllt: Paul Gulda, Pianist, Komponist und seit kurzem auch Professor an der Wiener Hochschule für Musik, spielte u. a. Beethoven und Schumann.

Keine Überraschung, dass der großartige Musiker den Saal füllt – überraschend jedoch der Aufführungsort und noch überraschender der Zweck des Ganzen: Der Ertrag dieses Abends – und das waren schließlich 240.000 Schilling – geht nach Guatemala, an ein Entwicklungsprojekt zur wirtschaftlichen Förderung und Ausbildung indianischer Frauen im Westen des Landes.

Nach dem Vorbild der Grameen-Bank in Bangladesch werden in der Region um Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt Guatemalas, 25 Dorfbanken für je 20 bis 40 Frauen gegründet. Zur Entwicklung ihrer Erwerbsgrundlage – sei es nun Handel, Landwirtschaft, Klein- oder Kunstgewerbe – werden den Frauen Kleinkredite mit einem niedrigen Zinssatz zur Verfügung gestellt, verknüpft mit dem Angebot eines beruflichen Fortbildungsprogramms. Erfahrungsgemäß können die Frauen die Kredite aus den gesteigerten Einnahmen problemlos zurückzahlen; es gibt so gut wie keine Kreditausfälle. Aus den Rückzahlungen und den Zinserträgen wird ein Fonds aufgebaut, aus dem nach Projektende das DorfbankenSystem fortgeführt werden kann.

Vor vier Jahren sind einige Leute an mich herangetreten, weil sie wussten, dass ich mit einer Nicht-Regierungsorganisation in Guatemala Verbindung hatte und sie etwas im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tun wollten. Ich habe mich dann in die Materie eingelesen und mit anderen NGOs in Europa Kontakt aufgenommen – und bald darauf haben wir unser Institut gegründet“, erinnert sich Bernhard Kastner, Generalsekretär von ICEP, an die Anfangszeit des ”Instituts zur Cooperation bei EntwicklungsProjekten“. Die Gründung erfolgte im Herbst 1996.

Seither hat diese auf reiner Privatinitiative beruhende Organisation ihr Tätigkeitsgebiet räumlich und inhaltlich ausgeweitet. In Guatemala laufen noch zwei weitere Projekte, eine kunstgewerbliche Ausbildung für Frauen in der Hauptstadt und der Bau von Kartoffelsilos für Kleinbauern. Auch in Nicaragua und Kenia werden Ausbildungsprojekte durchgeführt.

Ausbildung und Empowerment (Ermächtigung zu eigenständigem Handeln) stehen im Mittelpunkt der Projektphilosophie von ICEP. ”In den Entwicklungsländern wollen wir konkrete Partner für entsprechende Projekte ausfindig machen und zum zweiten in Österreich neue Kreise für die Idee der Entwicklungszusammenarbeit interessieren. Menschen, die vielleicht bisher damit nichts anfangen konnten, Wirtschaftstreibende und Besserverdiener zum Beispiel“, umreißt Kastner die Anliegen des Instituts.

Die Nähe des ICEP zu Kreisen aus der Wirtschaft und der Industrie ist kein Geheimnis und wird auch nicht verschwiegen. Es ist sogar erklärtes Ziel des Instituts, in diesen Sektoren für die entwicklungspolitischen Ideen und um Spenden zu werben. Der Generalsekretär ist zufrieden mit dem bisherigen Erfolg, ortet jedoch ein Manko bei der Überwindung des nationalen Tellerrandes: ”Unsere Ideen kommen gut an. Aber was das Social Sponsoring betrifft, so gibt es hier noch viel zu tun. Vor allem wenn es sich um Projekte im Ausland handelt. Es ist zwar nachvollziehbar, dass lieber für Österreich gespendet wird, aber wir müssen diese Spendenbereitschaft auch geographisch ausweiten.“

Das Außenministerium beteiligt sich mit Beiträgen bis zu 75 Prozent an den Projektkosten. ”Das Konzert war sehr erfolgreich, doch uns kam es teuer“, so ein lachender Georg Lennkh, Sektionschef der Entwicklungszusammenarbeit im Außenamt, nach der Benefizveranstaltung mit Paul Gulda: Seine Abteilung verdreifacht den an diesem Abend erzielten Ertrag …

Die Diskussion um die Hintergründe von Armut und Unterentwicklung ist im Unternehmertum zweifellos sehr entwicklungsbedürftig. Kastner: ”Das Thema ist halt sehr komplex und schwierig zu vermitteln. Wir sind aber dabei, diesbezüglich Ideen zu entwickeln. Im kommenden Herbst wollen wir z. B. eine entwicklungspolitische Enquete mit Unternehmern veranstalten.“

Eine offene, tabu-lose Diskussion über die Zusammenhänge von Weltwirtschaft und Unterentwicklung könnte neben der direkten Projektförderung eine weitere wichtige Aufgabe des neuen Instituts werden.

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