„Mini-Trump“ in Ecuador

Von Frank Braßel · ·

Wiederwahl trotz wachsender Gewalt: Ecuadors Präsident Daniel Noboa setzt auf Militarisierung, Privatisierung und autoritären Führungsstil.

Wegen seiner Arroganz, mit der er Fakten ignoriert und Gesetze missachtet, wird Daniel Noboa auch als „Mini-Trump“ bezeichnet. Der 37-Jährige, einer der jüngsten Präsidenten der Welt, ist in Miami geboren und hofft auf die militärische Unterstützung seines Amtskollegen gegen die ausufernde Drogenkriminalität in Ecuador.
Vor etwas mehr als 17 Monaten hatte Daniel Noboa seine progressive Herausforderin Luisa González bereits bei vorgezogenen Wahlen besiegt. Am 13. April gewann er erneut – mit überraschend großem Vorsprung. In der Stichwahl erhielt er gut elf Prozentpunkte mehr Stimmen als sie.Noch vor den Wahlen traf er ein Abkommen mit dem US-Söldnerführer Erik Prince. Noboas Regierungsapparat schürt eifrig Gerüchte, wonach die 2009 geschlossene US-Militärbasis in der Hafenstadt Manta wieder geöffnet würde. Dass dies ein Verstoß gegen die Verfassung wäre, scheint nebensächlich.

Historisch hohe Mordrate
Dass Noboas überwiegend militärische Strategie in seiner vorigen Amtszeit alles andere als erfolgreich war, zeigt die Tatsache, dass Anfang 2025 die Mordraten in Ecuador auf ein historisches Hoch gestiegen sind: 2.361 Menschen wurden im ersten Quartal ermordet, meist im Zuge von Konflikten rivalisierender Drogenbanden. Das sind etwa 26 Tote pro Tag, in drei Tagen so viele wie in Österreich im gesamten Jahr 2024.

Die Gewalt in Ecuador wird genährt von einem boomenden Kokainhandel. Insbesondere in der EU ist die Nachfrage hoch. Dazu kommt die starke Vernachlässigung jeglicher Sozialpolitik, was dazu führt, dass in den Armenvierteln der Großstädte die Drogengangs leichtes Spiel haben, Menschen für ihre Zwecke zu rekrutieren. Sie haben mit ihren illegalen Geschäften aber auch Justiz, Politik, Sicherheitsapparat und Wirtschaft durchdrungen. Um das Drogenproblem zu lösen, müssten auf allen Ebenen Maßnahmen ergriffen werden.

Keine Kursänderung zu erwarten
Das sollte man sich von Noboa aber nicht erwarten. Er ist Teil der ökonomischen Elite, seine Familie hat ihr Vermögen in der Bananenindustrie gemacht. Und wie sein Vater seine Plantagen führt der Sohn die Regierung: autoritär und vielfach unter Verletzung der Gesetze. Durch die Wiederwahl gestärkt, dürfte Daniel Noboa diese Art der Politik noch intensivieren.

Er hat eine neue Verfassung ins Gespräch gebracht, insbesondere um US-Militärbasen und die Privatisierung strategischer Wirtschaftsbereiche zu erlauben sowie die Rolle des Staates und den Schutz indigener Völker zu reduzieren. Seine Regierung hat vorgeschlagen die Mitglieder einer möglichen verfassungsgebenden Versammlung nicht wählen, sondern ernennen zu lassen. Offiziell um den Prozess zu beschleunigen – doch ließe sich damit natürlich auch besser ihre Zusammensetzung steuern. 

Mehr Menschenrechtsverletzungen zu erwarten
Auch wenn eine Mehrheit jetzt für Noboa gestimmt hat, was auch der Schwäche der Gegenkandidatin geschuldet war, dürften die geplanten Privatisierungen, die Ausweitung des Bergbaus und eine weitere Liberalisierung der Arbeitsgesetze schnell öffentliche Proteste hervorrufen. So etwas mag der Sohn des Bananen-Magnaten nicht, und das Risiko repressiver Maßnahmen durch seine Regierung ist hoch.

Eine weitere Zuspitzung der gesellschaftlichen Konflikte in Ecuador ist zu befürchten. Bereits in den vergangenen Monaten haben brutale Menschenrechtsverletzungen durch das Militär deutlich zugenommen.

Frank Braßel ist Historiker, Journalist und bereist regelmäßig Ecuador. Er arbeitete für die Menschenrechtsorganisation FIAN, das unabhängige Agrarforschungszentrum SIPAE in Quito und die Entwicklungsorganisation Oxfam.

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