Faire Blumen für Mutti

Von Frank Braßel · · 1999/05

SÜDWIND-Kinder sind bekanntlich politisch besonders korrekt. Bald können sie nun ihrer Mama

Immer mehr Staaten Lateinamerikas und Afrikas drängen auf den Markt, jede dritte Rose oder Nelke auf dem Weltmarkt stammt inzwischen aus dem Süden. Ein Geschäft, das sich lohnt – zumal es im Süden ein günstiges Klima und billige Arbeitskräfte gibt und kaum ein effektiver Rechtsschutz für die ArbeiterInnen existiert.

Ein neues Programm, das auf die Einhaltung und unabhängige Kontrolle sozialer und ökologischer Mindeststandards setzt, strebt nun an, die BlumenarbeiterInnen und ihre Familien stärker an den Gewinnen des blühenden Geschäfts teilhaben zu lassen. Gerade rechtzeitig zum Muttertag am 9. Mai kommen in Deutschland, dem weltweit wichtigsten Blumenimportland, „faire“ Rosen aus Simbabwe auf den Markt..

Simbabwe ist mit jährlichen Wachstumsraten von etwa 20 Prozent einer der neuen aufstrebenden Blumenexporteure Afrikas. Als vor zwei Jahren VertreterInnen europäischer Blumenkampagnen begannen, mit simbabwischen Blumenunternehmern über internationale soziale und ökologische Mindeststandards zu diskutieren, verschanzten die sich hinter Ausflüchten wie „kulturelle Unterschiede“ und mangelnde Technik.

„Cholinesterase-Bluttests, um Vergiftungspotentiale durch Pestizide feststellen zu können? Das kann kein Labor in Simbabwe“ usw. Heute ist die Untersuchung Routine in den guten Blumenbetrieben. „Die Frauen wollen keine Festverträge, traditionell helfen sie nur beim Broterwerb“, hieß es noch im vergangenen Jahr. Heute haben die Frauen in allen „besiegelten “ Betrieben unbefristete Verträge – was sie natürlich wollten, da sie das zu bezahltem Schwangerschaftsurlaub berechtigt.

Das ist ein großer Erfolg für die Menschenrechte der Blumenarbeiterinnen. Wir hoffen, daß diese Kooperation mit dem Blumenhandel für alle Seiten Früchte trägt.“ Mit diesen Worten begründete die Vorsitzende der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN, Petra Sauerland, ihre Unterschrift unter die Statuten des „Flower Label Programms“ (FLP). Damit wollen zukünftig der deutsche Blumen-Groß- und Importhandelsverband BGI, der Fachverband Deutscher Floristen, die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt und die Blumen-Kampagne von Brot für die Welt, FIAN und terre des hommes gemeinsam für sozial- und umweltverträgliche Blumenproduktion sorgen.

Zum Verhaltenskodex der Blumen-Kampagne gehören: Gewerkschaftsfreiheit, Festanstellung und existenzsichernde Löhne, Verbot der Diskriminierung von Frauen, der Kinder- und Zwangsarbeit, Schutz der Gesundheit und der Umwelt durch die Reduktion des Pestizideinsatzes.

Die oben genannten Gruppen haben Einsicht in alle Details von FLP, also auch die Betriebe. Unabhängige Kontrollen und Beschwerdeverfahren sind vorgeschrieben.

Schon jetzt zeigen sich konkrete Verbesserungen für die ArbeiterInnen in den beteiligten Betrieben. In Simbabwe erhalten alle Frauen einen bezahlten Schwangerschaftsurlaub von drei Monaten. In Kenia wurden strikte Wiederbetretungsfristen (6-24 Stunden) in den Gewächshäusern nach dem Einsatz von Pestiziden eingeführt. In Ecuador hat jetzt die große Mehrzahl der Beschäftigten dauerhafte Festverträge, die erst eine geregelte Lebensplanung ermöglichen.

Als vor beinahe zehn Jahren die Blumen-Kampagne in der Schweiz, Österreich und Deutschland anlief, klangen diese Errungenschaften geradezu utopisch – und sie sind es immer noch für viele Blumenarbeiterinnen. Doch immer mehr Plantagen stellen ihre Produktion um, sehen in der Einhaltung sozial- und umweltverträglicher Standards eine Chance, ihre Produktion und natürlich auch ihren Absatz zu verbessern. Aus Simbabwe, Kenia und Ecuador haben bisher knapp 50 Plantagen eine unabhängige Kontrolle der Menschenrechts- und Umweltstandards bestanden.

„Wenn in Deutschland das Geschäft gut anläuft, dann geht es blitzschnell bei uns“, meint Emil Steffek vom Bundesvorstand der Blumenimporteure in Österreich. In den Niederlanden, Großbritannien und Schweden laufen ähnliche Initiativen an. Die erste öffentliche Präsentation kann der entscheidende Durchbruch bei der Umsetzung von Menschenrechten und Umweltschutz in der internationalen Blumenindustrie werden.

Denn wird die Muttertags-Initiative ein Erfolg in Medien und Geschäften, erhöht sich der Druck auf noch zögernde Importeure und Produzenten – insbesondere aus Kolumbien, wo sich die Unternehmen bislang jedweder unabhängiger Kontrolle entziehen.

Der Autor ist Historiker und Journalist. Er koordiniert seit 1991 die internationale Blumen-Kampagne bei FIAN (Tel. 0049/2323/490099, Fax 490018, email: fian@home.ins.de)

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