Frucht der Liebe

Von Redaktion · · 2008/06

Zusammen und lebendig, entschied der Inka, solle man sie begraben. Sie, eine der Jungfrauen, die dem Sonnengott geweiht waren, war aus dem Tempel ausgebrochen und hatte sich einem Ackerknecht hingegeben. Aneinandergefesselt, das Gesicht nach oben, wurden sie in einer Grube verscharrt. Kein Laut kam über ihre Lippen. Doch als die Nacht hereinbrach, zogen die Sterne sonderbare Bahnen. Das Gold verschwand aus den Flüssen, und die Felder wurden unfruchtbar. Nur die Erde über dem Liebespaar blieb von der Dürre verschont. So rieten die Priester, man solle die beiden ausgraben und ihre Asche in die Winde verstreuen. Doch so viel man auch grub, man fand nur eine dicke Knolle, die sich rasch vermehrte: die Kartoffel.

Aus: Robert Lessmann: „Zum Beispiel Bolivien“,
Lamuv-Verlag, Göttingen 2004, 144 Seiten, € 8,30

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