Geheimtipps für die Tasche

Von Redaktion · · 2001/12

Schenken Sie zu Weihnachten Ihren Lieben ein Taschenbuch und als Draufgabe sich selbst etwas für den Gaumen – aus fairem Handel, meint der Buchhändler unseres Vertrauens, Rudi Lindorfer.

Angenommen, Sie kommen vor Weihnachten zu uns in die Buchhandlung in die Wiener Schwarzspanierstraße und suchen ein Taschenbuch als Draufgabe zu den Bestsellern, die Sie (bedauerlicherweise) schon in einer so genannten Boulevard-Buchhandlung gekauft haben: die neue Allende und die neuen Titel von Mankell ebenso wie die Gordimer und Zoé Valdés – die gibt’s ja überall.
Etwas Spezielles braucht ein spezielles Sortiment, und vorige Weihnachten ist meine Empfehlung „Das Haus meiner Väter“ ziemlich gut angekommen (womit ich mich für die vielen Danksagungen bedanke!). Und dieses Jahr wünschen Sie etwas Ähnliches, die Qualität betreffend, aber eben in Taschenbuch; und um das Risiko, dass die zu Beschenkenden das Buch bereits in gebundener Ausgabe besitzen, kleinzuhalten, wollen Sie „Geheimtipps“.
Bitte schön, hier sind sie: Moses Isegawa, „Abessinische Chronik“, die in Uganda angesiedelt ist und die Zeit Idi Amins behandelt: Familienchronik, Schelmenstück, Bürgerkriegs-Epos, Entwicklungsroman – dieses Buch wollen Sie und dazu einen Roman aus Südamerika – Rachel de Queiroz, „Maria Moura“, Bastei Lübbe!? Der Ruf des Verlages lässt Sie nur mit spitzen Fingern nach dem Buch greifen – und dann halten Sie beste Literatur aus Brasilien in der Hand. Die Autorin erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die ihre Mutter rächt und ihre Ehre verteidigt, indem sie ihren Stiefvater ermordet, flieht und eine Räuberbande gründet. Es ist ein Roman vom kargen Leben im Sertão, und obwohl Maria Moura es zu Reichtum und Ansehen bringt, ist die Geschichte von Räuberinnenromantik weit entfernt.

Von einem Roman aus Südafrika erwartet man von vornherein keine Romantik. Andrew Henry Martin Scholtz ist der erste Farbige, der einen Roman auf Afrikaans schrieb. „Vatmaar“ erzählt die Geschichte eines Dorfes, das nach den Burenkriegen von Farbigen und Weißen gegründet wurde, die versuchten, das Gleichheitsprinzip zu verwirklichen. Die Geschichte ist zum Lachen und zum Weinen, meisterlich erzählt und zutiefst menschlich, bei allen Unmenschlichkeiten, die Südafrika nicht nur Farbigen zu bieten hat(te).
Jetzt haben Sie erstklassige Lektüre um wenig Geld erstanden. Schauen Sie sich dafür noch beim Ess- und Trinkbaren aus fairem Handel um. Rum aus Kuba (öS 229,-/ Euro 16,64) oder die „Meeresfrüchte“ (feinste Schokolade-„Früchte“ um öS 69,-/Euro 5,01) – was für Geschenke für die eifrigen herumschwirrenden Weihnachtsengel! Und was für uns hinter dem Verkaufspult wie ein vorweihnachtliches Geschenk ist: Der Café Organico, Espresso, landete bei einem Espresso-Test des „Konsument“ auf Platz 2. (1kg, ganze Bohne, öS 155,-/Euro 11,26).

Sollten Sie jetzt überlegen, ob Sie nicht doch ein gebundenes Buch kaufen sollen, dann empfehle ich Ihnen Guillermo Arriaga, „Der süße Duft des Todes“. Ein Roman über das Leben in einem kleinen mexikanischen Dorf, in dem „eine Lüge die Wahrheit zerstört, sich dann selbst in die Wahrheit verwandelt und ihren Platz einnimmt“(G. A.). Wie das geschehen kann, wollte der Autor herausfinden und schrieb einen Krimi, der weit über das Metier hinausgeht – und den Sie vielleicht ganz einfach sich selbst schenken sollten.

Arriaga, Guillermo: Der süße Duft des Todesbr>Unionsverlag, Zürich 2001. 208 Seiten. öS 204,- /Euro 14,82

Queiroz, Rachel de: Maria Moura
Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2001. 607 Seiten. öS 123,- /Euro 8,94

Isegawa, Moses: Abessinische Chronik
Goldmann, München 2001. 639 Seiten. öS 183,- /Euro 13,30

Scholtz, Andrew Henry Martin: Vatmaar
Luchterhand, München 2001. 415 Seiten. öS 150,- / Euro 10,77

Rudi Lindorfer ist Buchhändler von Südwind/Buchwelt in Wien.

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