Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000

Von Lydia Matzka · · 1999/11

Dieses Ziel hat die WHO vor 22 Jahren formuliert. Kurz vor dem Millennium wird Bilanz gezogen. Auch in Österreich.

Im Jahre 1977 hatte sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Health for all“ bis zur Jahrtausendwende zum Ziel gesetzt. Ein Jahr später wurde bei der internationalen Konferenz von WHO und UNICEF (United Nations Children’s Fund) im kasachischen Alma-Ata, damals UdSSR, primäre Gesundheitsvorsorge (Primary Health Care) als Schlüssel zum Erfolg definiert. Dieser präventive Ansatz sieht einen engen Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit. Effektive Gesundheitspolitik heißt also in erster Linie, die Armut zu bekämpfen.

Das Ziel der WHO wurde bis dato nicht erreicht. Kurz vor der Jahrtausendwende soll noch einmal über das mutige Vorhaben nachgedacht werden.

„Gesundheit – angepaßte Medizin – Perspektiven für die Entwicklungszusammenarbeit“ waren die Themen einer Tagung Ende September in Wien, die von der Politischen Akademie gemeinsam mit dem Auslandsbüro der Ärztekammer Wien veranstaltet wurde. „Trotz einem weltweiten Wirtschaftswachstum von vier bis sechs Prozent gibt es immer mehr Armut“, argumentiert Hans-Peter Rupilius vom Österreichischen Entwicklungsdienst (ÖED). Immer weniger Menschen haben Anteil am Reichtum der Welt.

Statistiken zeigen zwar eine Verringerung der Krankheits- und Sterberaten in den vergangenen 40 Jahren in Afrika, Lateinamerika und Asien, der Gesundheitszustand der Bevölkerung in den Staaten des Südens ist aber weiterhin schlechter als im Norden. Die Säuglingssterblichkeit ist im Durchschnitt siebenmal höher und die Lebenserwartung um etwa ein Viertel geringer. In weiten Teilen Afrikas stirbt ungefähr ein Viertel aller Kinder im ersten Lebensjahr.

Hierzulande werden mehr als acht Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Gesundheit der ÖsterreicherInnen aufgewendet. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gibt der Staat circa 60 Millionen Schilling (1998) für Gesundheitsprojekte aus. Auf 1.000 Schilling, die für die Gesundheitsvorsorge in Österreich ausgegeben werden, kommen in etwa 25 Groschen Unterstützung für diesen Bereich in den Partnerländern. Dazu kommt noch der österreichische Beitrag zum laufenden Budget der WHO. Er beläuft sich auf circa 33 Mio. Schilling im Jahr.

In den Staaten des Südens fehlen teilweise die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen, die eine Gesundheitsversorgung nach „westlichem Muster“ ermöglichen. Versuche in der Vergangenheit, die „moderne Medizin“ punktuell in die sogenannte Dritte Welt zu bringen, gelten als weitgehend erfolglos und teuer.

Deshalb lehnt die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (EZA) heute einen reinen Wissens-, Produkte- und Personentransfer ab. Auch im Gesundheitsbereich kommen die vier Hauptanliegen der österreichischen EZA zum Tragen: Armutsbekämpfung, Demokratie, Gleichstellung der Geschlechter, Förderung und Erhalt von Lebensräumen.

1998 wurden circa 20 Projekte im Bereich Gesundheit gefördert. Die österreichische EZA engagiert sich insbesondere in Palästina, Äthiopien und Tansania.

Das Außenministerium (BMfaA) führt Projekte nicht selbst durch, sondern stützt sich auf die Arbeit österreichischer und zunehmend lokaler Nichtregierungsorganisationen. Die jeweiligen Institutionen sollen in die Lage versetzt werden, die Programme selbständig weiterzuführen. Die EZA kann nur unterstützend wirken.

Lydia Saadat, Referatsleiterin für die Bildungszusammenarbeit im BMfaA, versichert: „Es wird kein Projekt finanziert, das nicht in lokale Strukturen eingebunden ist.“

Gemäß einem präventiven Gesundheitsansatz sollen die sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen im Süden verbessert werden. Die Projekte sind vielfältig, wie die Problemstellungen selbst: Ausbildung von medizinisch-technischem Personal, Unterstützung von Forschungsinstitutionen, Förderung von traditionellen Heilmethoden, psychosoziale Betreuung, Abwasser- und Müllentsorgung bei der Sanierung von Spitälern, Ernährungs- und Gesundheitsförderung, Umwelt- und Ressourcenschutz.

Der „Primary Health Care“-Ansatz der WHO folgt dem Grundsatz: „Primäre Prävention soviel wie möglich. Sekundäre Prävention soviel wie nötig. Kurative Medizin nur dort, wo Prävention nicht ausreicht oder nicht möglich ist.“ Diesen Grundsätzen der WHO schließt sich auch die österreichische EZA an.

Gesundheit im Süden zu fördern bzw. die Voraussetzungen dafür erst zu schaffen, ist ein Anliegen, das über den Rahmen der EZA hinausgeht. Erwin Rasinger, Gesundheitssprecher der ÖVP dazu: „Wir müssen weg vom egoistischen Denken, das sich nur auf den EU-Raum beschränkt, hin zu einem größeren Interesse an Problemen der Dritten Welt.“

Zitat: Die lokale Bevölkerung soll die Verantwortung tragen, die EZA kann nur unterstützend wirken.

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