„Gewerkschaften sind ein Wachstumshindernis“

Von Redaktion · · 2016/02

Gewerkschaften waren für die Reichen stets ein Ärgernis. Einer der Vorwürfe: Sie würden das freie Spiel der Marktkräfte und daher die Schaffung von Wohlstand behindern. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, wie sich anhand der wirtschaftlichen Entwicklung der reichen Länder argumentieren lässt.

Seit den 1980er Jahren stagnieren die Reallöhne. Seither hat die Ungleichheit sprunghaft zugenommen, und erstaunliche Privatvermögen haben sich in den Händen weniger Einzelpersonen konzentriert. Das wirkt sich negativ auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus, denn je höher das Einkommen, desto weniger davon wird ausgegeben und desto mehr wird akkumuliert. Damit schrumpft auch das verfügbare Einkommen aller anderen.

Diese beiden Entwicklungen – stagnierende Reallöhne und Vermögenskonzentration – gingen mit drei damit zusammenhängenden Trends einher; der erste davon war ein signifikanter Rückgang der Gewerkschaftsdichte, d.h. des Anteils der ArbeitnehmerInnen, die gewerkschaftlich organisiert sind. In den reichen Ländern fiel dieser Anteil zwischen 1980 und 2010 von 50 Prozent auf nur mehr 35 Prozent. Gewerkschaften verfolgen in der Regel das Ziel, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen; insofern liegt es nahe, die Stagnation der Reallöhne auch auf den Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrads zurückzuführen.

Umverteilung und Ungleichheit. Diese Annahme ist mehr als nur plausibel, wie der zweite Trend bestätigt. Der IWF kam in jüngsten Studien zum Schluss, dass „der Rückgang der gewerkschaftlichen Organisierung mit der Zunahme des Anteils der Spitzeneinkommen und geringerer Umverteilung zusammenhängt, während die Erosion der Mindestlöhne mit einer beträchtlichen Zunahme der Ungleichheit insgesamt korreliert“. 1 Der dritte Trend ist die rückläufige Entwicklung der wirtschaftlichen Dynamik in den reichen Ländern (gemessen an der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf), und zwar im Gleichschritt mit dem Rückgang der Gewerkschaftsdichte. In den 1960ern wuchs die Wirtschaft viel rascher als in den Jahrzehnten danach, als die Wachstumsraten kontinuierlich sanken (siehe Tabelle). Die Vorstellung, dass man durch die Beseitigung des „wachstumsfeindlichen“ Effekts der Gewerkschaften mehr Wohlstand schaffen könnte, ist daher ziemlich abwegig.

David Ransom

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1)    Florence Jaumotte und Carolina Osorio Buitron, Inequality and Labour Market Institutions, IWF, Juli 2015, imf.org/external/pubs/ft/survey/so/2015/int071015a.htm

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