Hans Christoph Buch: Tanzende Schatten oder Der Zombie bin ich

Von Bert Rebhandl · · 2005/02

Die andere Bibliothek, Eichborn Verlag, Frankfurt/M. 2004, 320 Seiten, EUR 28,30

Der deutsche Erzähler und Reporter Hans-Christoph Buch ist einer der besten Kenner der lokalen Verhältnisse in Haiti. Im vorliegenden Werk hat er eine Bilanz seiner Erfahrungen gezogen. Historische Hintergründe und aktuelle politische Ereignisse, persönliche Erfahrungen und anthropologisches Wissen verbindet Buch zu einem „Romanessay“, der auf drei Ebenen verläuft.
Einerseits erzählt er von seinen eigenen Erlebnissen in Haiti im Jahr 1994, als die Clinton-Regierung in den Bürgerkrieg nach der Absetzung des Präsidenten Aristide eingriff und ihn wieder an die Macht brachte; Buch schreibt hier von sich in der dritten Person. In der zweiten Erzählung, die vor der Französischen Revolution beginnt und den frühkapitalistischen „Dreieckshandel“ zwischen Afrika (SklavInnen), Europa (Waren) und der Karibik (Rohstoffe) zum Thema hat, schreibt Buch in einer paradoxen Ich-Form, wobei er sich in diesem halbdokumentarischen Teil auf die Geschichte des Handelshauses Romberg, Bapst & Co. bezieht. Er folgt also einer Spur der Faktizität, ahmt dabei aber sehr geschickt die Reise- und Abenteuerprosa des 18. Jahrhunderts nach.
Es wird bei all den wilden Begebenheiten kein Zufall sein, dass er auf der dritten Erzählebene auch auf den Surrealisten André Breton zu sprechen kommt, der in Haiti einmal einen Aufsehen erregenden Vortrag gehalten hat. „Haiti erzählen“ heißt dieser dritte, selbstreflexive Strang. Hier spricht Buch als der Autor und Berichterstatter, der er ist.
Zu Haiti hat der Autor deswegen eine besondere Beziehung, weil er dort nicht nur Außenseiter ist: Seine Verwandtschaft lebt zum Teil seit vielen Jahren auf der Insel. Buch spricht von einer Negativspirale, ein Motiv, das er auch der Struktur von „Tanzende Schatten“ zugrunde gelegt hat. Der politische Messianismus gerät in einen Strudel aus Interessen und Ideen, während die Bevölkerung dem Elend ihre eigenen Symbolstrategien entgegenhält. „Der Voodookult, ebenso wie die kreolische Sprache, ist die Keimzelle der haitianischen Identität.“

(siehe auch Artikel auf Seite 15)

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