Henning Mankell: Die rote Antilope

Von Lydia Matzka · · 2002/02

Paul Zsolnay Verlag, Wien 2001, 381 Seiten, öS 307,-/Euro 22,31.

Monatelang schon beherrscht Henning Mankell die Bestsellerlisten, und rund um mich herum schwärmt man von den aufregenden Fällen eines Kommissars Kurt Wallander. Nun wollte auch ich endlich den Grund erfahren, warum der gebürtige Schwede mit Wahlheimat Mosambik weltweit Millionen LeserInnen in seinen Bann zieht, und nahm sein neuestes Buch zur Hand.
Der Kultfigur Wallander begegnet man in „Die rote Antilope“ nicht. Der Roman handelt von einem schwedischen Abenteurer, der Ende des 19. Jahrhunderts nach Südafrika reist. Die Reise des Hans Bengler hat kein Ziel. Er war in seiner Heimat gescheitert, so flüchtete er nach Afrika, um dort irgendeine Mission zu erfüllen. Sein Leben sollte wieder einen Sinn bekommen.
Bengler sammelt akribisch Insekten, in der Hoffnung, irgendwann auf ein unbekanntes Tier zu stoßen, dem er dann seinen Namen verpassen würde. Dadurch könnte er es zu Reichtum und Ansehen in Schweden bringen. Doch dann sieht er den achtjährigen Jungen Molo. Er verändert sein Leben. Dieses kleine hilflose Geschöpf erweckt in ihm wieder neue Lebensgeister. Endlich hat seine Reise einen Sinn. Ihm will er „helfen“.
Er nennt ihn künftig Daniel und nimmt ihn in „guter Absicht“ mit nach Schweden. War es Naivität oder pure Ignoranz? Jedenfalls widmet Bengler sein künftiges Leben dem Jungen aus der Kalahariwüste. Er sollte bei zivilisierten Menschen in Schweden aufwachsen und glücklich werden. Die Tragödie ist vorprogrammiert.
Es ist ein spannender, unglaublich ergreifender Roman, über die Einsamkeit eines afrikanischen Jungen in einer kalten Welt, wo man Menschen mit dunkler Hautfarbe noch nicht als richtige Menschen akzeptieren will, man sich ihnen eher abschätzend und von oben herab denn gleichberechtigt annähert, wo man schwere Schuhe tragen muss, damit einem die Lust am Laufen vergeht, wo man an Türen anklopfen muss, sich diese jedoch nie öffnen, sondern sich stattdessen ständig neue Wände auftun. Ein Buch, das man, einmal angefangen, nie mehr weglegen will, und nachdem man es in einem Zug ausgelesen hat, erst so richtig versteht, was Einsamkeit bedeuten kann.

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