„Hinter verschlossenen Türen“

Von Redaktion · · 2003/03

Das GATS-Abkommen (General Agreement on Trade in Services), das gegenwärtig neu verhandelt wird, soll Dienstleistungen unumkehrbar liberalisieren. SÜDWIND-Redakteurin Lydia Matzka sprach mit Erik Wesselius, dem Europa-Koordinator GATS-kritischer Initiativen.

SÜDWIND: Das MAI* konnte verhindert werden. Wie beurteilen Sie die Anti-GATS-Kampagne?
Erik Wesselius: Wir haben uns bei GATS in einem früheren Stadium als damals beim MAI eingeklinkt. Das GATS-Abkommen wurde 1994 geschlossen und ist 1995 in Kraft getreten. Derzeit wird über eine Ausweitung der Reichweite von GATS verhandelt. Auch werden Maßnahmen besprochen, wie die Staaten dazu gebracht werden können, dass sie ihre Liberalisierungszusagen auch wirklich einhalten. Die GATS-Kampagne wurde gerade rechtzeitig gestartet, zu einem Zeitpunkt, zu dem es kritisch wurde. Eine große Ähnlichkeit zwischen MAI- und GATS-Verhandlungen ist die fehlende Transparenz. Die Tatsache, dass die Europäische Kommission hinter verschlossenen Türen über die Liberalisierung von Dienstleistungen verhandelt, macht uns natürlich misstrauisch.

Wo gibt es überall GATS-Kampagnen?
Die erfolgreichste Kampagne gegen GATS läuft in Großbritannien. Attac-Frankreich, attac-Deutschland und attac-Schweden sind weitere wichtige Kampagnenträger. Neben attac beteiligen sich europaweit viele andere NGOs, vor allem umwelt- und entwicklungspolitische Gruppen. Wir haben ein Netzwerk gegründet, das „Seattle to Brussels Network“, wo sich alle Gruppen aus Europa regelmäßig treffen. Wir diskutieren GATS, aber auch die große WTO-Ministerkonferenz in Cancún (Mexiko) im September ist ein wichtiges Thema für uns. Wir organisierten Anfang Februar eine große Demonstration in Brüssel und am 13. März findet ein europaweiter Aktionstag statt.

Wie viele Menschen beteiligen sich an der GATS-Kampagne?
Schwer zu sagen, doch ich schätze so einige zehntausend in ganz Europa. Doch nachdem die Gewerkschaften nun auch ihre Mitglieder über GATS informieren, werden wir in Kürze noch mehr Unterstützer dazugewinnen.

Und außerhalb Europas?
Die größten Kampagnen laufen im Norden, z.B. in Kanada, Australien und Neuseeland. Doch gibt es auch GATS-Kampagnen im Süden, vor allem in Indien und Lateinamerika. In Afrika ist die Anti-GATS-Bewegung noch nicht so stark.

Die Request-Periode ist vorbei, die Offers-Periode** endet mit Ende März. Gibt es da noch Chancen für Widerstand?
Die Request-Periode ist nur offiziell beendet, die Frist wurde inoffiziell verlängert. Im Oktober waren es immer noch 23 Länder, die ihre Angebote, welche Bereiche sie zur Liberalisierung frei geben werden, nicht eingebracht haben. Bis dato fehlen noch Angebote von zwölf Ländern. Wenn diese am Tisch liegen, folgen bilaterale Verhandlungen. Das Problem ist, dass auch diese Verhandlungen wahrscheinlich sehr intransparent geführt werden.

Wie kann GATS verhindert werden?
Für den Erfolg der Kampagne ist es wichtig, dass die Diskussionen über die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte in den nationalen Parlamenten geführt werden, denn so können Fragen gestellt und Einfluss auf den Prozess genommen werden.

* Die Verhandlungen zum Multilateral Agreement on Investment (MAI) wurden nach weltweitem Protest im Oktober 1998 auf Eis gelegt.

**Bis Ende Juni des Vorjahres mussten die WTO-Mitgliedsstaaten ihre Marktöffnungsforderungen („Requests“) deponieren, bis Ende März 2003 müssen sie ihre Marktöffnungsangebote („Offers“) – alle Dienstleistungen, die sie im eigenen Land zur Privatisierung freigeben wollen – formulieren.

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