Kontinent der Zukunft

Von Redaktion · · 2010/02

Die Zusammenarbeit mit Afrika muss kritisch hinterfragt werden, wobei vorgefertigte Klischees über Bord geworfen werden müssen. Es ist Zeit für ein anderes Afrikabild, meint Habiboulah Ndongo Bakhoum.

Quer durch Afrika finden sich Menschen, die durch ehrliche Arbeit ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder sichern wollen. Viele afrikanische Frauen haben bereits begonnen, mit Hilfe von Kleinkrediten für sich und ihre Familien eine neue Existenz aufzubauen. Immer mehr Frauen profilieren sich als Modeschöpferinnen. Ihre Kreationen werden auf der ganzen Welt verkauft. Viele afrikanische MusikerInnen sind in den USA und Europa längst zu Hause.

Doch die Herausforderungen der Zukunft können nur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Nationen bewältigt werden. Partnerschaft im Sinne eines Interesses aneinander und ausreichenden Wissens übereinander. Denn traditionelle Entwicklungshilfe hat Afrikas Volkswirtschaften geschwächt, autoritäre Führer gestärkt, freies Unternehmertum ausgehebelt und Möglichkeiten zu eigenständigen afrikanischen Lösungsansätzen untergraben.

Afrika ist reich an Bodenschätzen und anderen Ressourcen. Eine sich profilierende neue afrikanische "Elite" quer durch alle Altersgruppen wird immer sichtbarer. Sie ist interdisziplinär bestens ausgebildet und weist internationale Mobilität auf. Sie ist selbstbewusst und tritt überzeugend auf, voller Gestaltungswillen – auch politisch.

Man wird optimistisch gestimmt, angesichts des wachsenden Selbstbewusstseins bei den politischen Projekten der Afrikanischen Union. Das afrikanische Entwicklungsprogramm "New Partnership for Africa's Development" (Nepad) stellt sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das Programm "E-School", das Schulen durch ein afrikaweites Satellitennetz an das Internet ankoppelt, wurde gestartet, um die Lerninhalte und Qualität des Unterrichts zu verbessern.

Die Reformansätze in Afrika gehören unterstützt. Eine positive Entwicklung in Afrika wird allen Vorteile bringen. Die Frage ist, ob der Westen nun die Kraft zu einem Perspektivenwechsel hat. Viele in Europa vermeiden es, diese Frage zu beantworten, indem sie als Ausrede auf Mangel an Sicherheit, gescheiterte Demokratie und schlechte Regierungsführung hinweisen. Was nicht zu leugnen ist am Beispiel Darfur, Somalia oder Guinea.

Der emeritierte Erzbischof und Nobelpreisträger Desmond Tutu meinte: "Aber vielleicht könnte der Westen auch etwas bescheidener sein: Immerhin verursachte er zwei Weltkriege, er verursachte den Holocaust, er hatte Diktaturen in Spanien, Portugal und Griechenland und instabile Regierungen in Italien. Die westlichen Staaten brauchten eine sehr lange Zeit, um sich zu stabilen Demokratien zu entwickeln."

Sechzehn Länder Afrikas südlich der Sahara weisen seit zehn Jahren ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich über fünf Prozent auf. Aber es gibt noch viel zu tun. Afrika sollte verantwortungsbewusste Regierungen haben, die darauf achten, dass die Steuergelder wirklich für den Ausbau der Infrastruktur im Land ausgegeben werden, wie für Schulen, Krankenhäuser und Straßen. Rechtssicherheit und ein verlässlicher staatlicher Ordnungsrahmen müssen geschaffen werden. Viele afrikanische Länder sind reich an Bodenschätzen. Durch Menschenverstand und internationale Regelungen muss garantiert werden, dass der Profit aus den Rohstoffen der Bevölkerung zugutekommt. Afrika braucht Unterstützung, um eine verarbeitende Industrie aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen. Hier bieten sich große Chancen für europäische Unternehmen.

Für Europa ist die Zeit gekommen, sich von Doppelstandards zu verabschieden. Denn: Zur Korruption gehören immer zwei. Korruption und undemokratisches Verhalten wird immer noch auch von Beteiligten aus dem Ausland getragen. Anders ist es nicht zu verstehen, warum die Hälfte der G8-Länder die Konvention der Vereinten Nationen zur Korruptionsbekämpfung noch nicht ratifiziert hat. In einer Welt gegenseitiger Abhängigkeit sind Vertrauen und Glaubwürdigkeit überlebenswichtig.

Auch die Handelspolitik ist von Doppelstandards geprägt. Die reichen Industriestaaten subventionieren ihre Exporte von Agrarprodukten. Sie bauen aber Abwehrmechanismen, um sich vor Einfuhren aus den Entwicklungsländern zu schützen. Würden sich Entwicklungsländer dermaßen verhalten, stießen sie auf Ablehnung.

In der heute zusammenwachsenden Welt kann kein Staat oder keine Staatengemeinschaft allein das eigene Wohlergehen sichern. Wir sind aufeinander angewiesen. Ohne eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika wird es Europa nicht gelingen, die Herausforderungen zu bewältigen. Die politischen Entwicklungen lassen hoffen, dass die Zeiten der afrikanischen Gewaltherrscher zur Neige gehen. Mehr noch: Afrika hat sich als Mitgestalter der globalen Zukunft auf die Weltbühne zurückbegeben. China ist längst mit Afrika in einen strategischen Dialog getreten, das sollte auch der Westen tun. Es ist an der Zeit, Afrika mit anderen Augen zu sehen. Es ist ein Kontinent der Zukunft.

Dr. Habiboulah Bakhoum, geboren in Senegal, Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien und Lektor am Institut für Afrikawissenschaften der Universität Wien. Er ist Präsident des Ausschusses der afrikanischen UnternehmerInnen in Öste

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