Kopfsache

Von Hamdi Hassan · · 2022/Nov-Dez
Gedanken von Welt

Die Entscheidung, den eigenen Kopf zu bedecken, sollte eine höchstpersönliche sein und von allen respektiert werden.

Ich sage immer wieder: „Das Kopftuch tötet die Person, die es trägt.“ Ich meine das im übertragenen Sinn. Die traurige Wirklichkeit ist, dass das nicht nur im übertragenen Sinn stimmt. Im September wurde eine Iranerin von der Sittenpolizei ermordet, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß.

Das ist hierzulande freilich anders, aber für Frauen, die es tragen, ist es dennoch ein Thema. Ein Beispiel: Eine Freundin von mir, die in der Öffentlichkeit das Kopftuch trägt, bewarb sich für einen Job als Übersetzerin. Da wurde sie gefragt, ob sie es während der Arbeit ablegen würde. Sie sagte nein, das sehe sie nicht ein, denn es handle sich ja nicht um eine körperliche Arbeit, bei der es stören könnte. Sie bekam eine Absage und erzählte mir davon.

Ich hatte am nächsten Tag auch genau dort ein Bewerbungsgespräch, ging ohne Kopftuch hin und bekam eine Zusage. Ich nahm den Job nicht an, denn unter diesen Umständen wollte ich dort nicht arbeiten.

In Somalia hatte ich keine Wahl. Da war das Kopftuch ein Muss. Hier in Österreich entscheide ich jeden Morgen aufs Neue, ob ich mit oder ohne aus dem Haus gehe. Viele Musliminnen finden das mutig, trauen sich aber nicht, es mir gleichzutun. Ich sage ihnen, dass sie es ruhig tragen sollen, wenn sie selbst das wollen – nicht aber wegen des Ehemanns oder der Community. Genauso sollen sie aber auch nicht darauf verzichten, nur weil Arbeitgeber*innen das von ihnen verlangen.

Mein Appell an alle Nicht-Muslim*innen: Schaut auf die Frauen und ihre Geschichten, nicht auf ihre Kopfbedeckung. Viele von ihnen wurden ihr ganzes Leben lang unterdrückt. Seid anders und respektiert ihre Entscheidungen.

Hamdi Hassan ist freie Journalistin sowie Dolmetscherin/Übersetzerin bei verschiedenen Organisationen. Sie kommt aus Somalia und lebt seit ca. sieben Jahren in Österreich.

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