Lesestoff: Bilder im Kopf

Von Redaktion · · 2024/Mar-Apr
Lesestoff

Wie Menschen seit jeher nach ihrer Hautfarbe bewertet werden – und was man gegen Klischees machen kann.

Die einzige Kurzgeschichte der Schriftstellerin Toni Morrison, Rezitativ (Rowohlt Verlag, Hamburg 2023, 96 Seiten, € 20,60), die sie als „ein Experiment“ sieht, wurde 1983 veröffentlicht. 40 Jahre später ist sie erstmals in deutscher Übersetzung erschienen: Die US-amerikanische Nobel
preisträgerin für Literatur erzählt die Geschichte zweier Frauen in den USA mit unterschiedlicher Hautfarbe – vom gemeinsamen Leben im Kinderheim, bis zum Erwachsenenalter, in dem sie sich auseinander entwickelt haben.

Morrison lässt dabei jeglichen Hinweis darauf aus, wer weiß bzw. schwarz ist. Der unweigerliche Versuch der Leserin und des Lesers dahinter zu kommen, kann zu Selbstreflektion von Stereotypen und Vorurteilen führen. Das Nachwort der britischen Schriftstellerin Zadie Smith ist so lang wie Morrisons Text und hilft bei der Decodierung der Geschichte. Aha-Erlebnisse garantiert. 

Apropos Zadie Smith: Der neueste Roman der britischen Bestsellerautorin, Betrug (Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023, 528 Seiten, € 26,80), taucht tief ein in die Historie und basiert auf realen historischen Ereignissen. Mit überzeugender Feinheit beschreibt sie den Alltag von Eliza Touchet, einer schottischen Haushälterin im London des Jahres 1873. Gerade als man sich zu fragen beginnt, ob man hier einen englischen Klassiker erwischt hat, der die obere Mittelschicht von einst beschreibt, wird es Schritt für Schritt gesellschaftskritischer. Beim sogenannten Tichborne-Fall geht es um Betrug rund um das Erbe der reichen Lady Tichborne. Die Haushälterin Touchet fängt an, sich dafür zu interessieren und die Gerichtsverhandlungen zu besuchen. Andrew Bogle, ein ehemaliger Sklave aus Jamaika, ist einer der Hauptzeugen des Prozesses, der in die Geschichte eingehen sollte. Wieviel Gewicht hat das Wort von Bogle, dem einstigen Sklaven?

Antiracist Baby von Ibram X Kendi

Genug von Stolz und Vorurteil: Antiracist Baby – Wie wir unsere Kinder antirassistisch erziehen vom US-amerikanischen Rassismusforscher Ibram X. Kendi (btb Verlag, München 2023, 32 Seiten, € 14,40) ist wegen seiner kindgerechten Illustrationen und wenigen Sätze pro Seite nur auf den ersten Blick ein Bilderbuch für die ganz Kleinen. Die acht knappen Kernaussagen wie „Ein Baby kommt nicht antirassistisch zur Welt, sondern wird dazu gemacht“ oder „Richte dich gegen problematische Verhältnisse, nicht gegen Menschen“, sind Appelle und ein Brief an Eltern und Bezugspersonen mit durchaus wertvollen Erziehungstipps.

Ein ungewöhnliches Konzept, dem aber durchaus etwas abzugewinnen ist. Denn: Die Bilder zeigen Kindern, die noch nicht lesen können, liebevolle Vielfalt, während die Worte auch Eltern erreichen, die vielleicht keine Zeit für die Lektüre von ausführlichen Erziehungsbüchern haben.

Die drei Tipps kommen von Christina Schröder und Richard Solder.

Die hier vorgestellten Bücher und noch viele mehr erhalten Sie in beiden Filialen der Südwind-Buchwelt in Wien bzw. im Onlineshop: suedwind-buchwelt.at

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