„Mama Africa“ nimmt Abschied

Von Jörg Weitlaner · · 2007/09

Mit ihrem Song „Pata Pata“ wurde Miriam Makeba weltberühmt. Mit 75 Jahren hat die entschlossene Aktivistin im Kampf für Frieden und Völkerverständigung nun beschlossen, sich von der Bühne zu verabschieden. Im Rahmen ihrer Abschiedstournee gastiert sie am 5. Oktober im Wiener Konzerthaus.

Die turbulente Lebensgeschichte von Miriam „Zenzi“ Makeba beginnt 1932 in Johannesburg. Bereits in ihrem ersten Lebensjahr bekommt sie die Repressalien des Apartheid-Regimes am eigenen Leib zu spüren: Ihre Mutter wird eingesperrt, die kleine Miriam verbringt Monate mit ihr im Gefängnis.
Ihre Jugendjahre in den Townships waren eine harte Zeit. Durch die Musik konnte sie sich über die allgegenwärtige Unterdrückung ein wenig hinwegtrösten. Fasziniert von Billie Holliday und Ella Fitzgerald, feierte Makeba ihre ersten Erfolge als Sängerin von Jazz-Standards. Bald wurde die talentierte Künstlerin Leadsängerin in einer der populärsten südafrikanischen Bands der 1950er Jahre, den Manhattan Brothers. Mit dieser Gruppe entstand die erste Aufnahme ihres Hits „Pata Pata“.
1958 gründete sie das Frauen-Trio The Skylarks. Im Zuge der Produktion eines Township-Musicals lernte sie ihren späteren Ehemann, den Trompeter Hugh Masekela, kennen. Durch ihre Auftritte mit der Gruppe Africa Jazz & Variety wurde der US-Regisseur Lionel Rogosin auf Makeba aufmerksam. Er engagierte die 27-Jährige für seine Anti-Apartheid-Dokumentation „Come Back, Africa“. Sie reiste zur Präsentation des Streifens zu den Filmfestspielen nach Venedig. Danach wurde ihr die Rückreise in ihre Heimat verwehrt. Mehr als 30 Jahre sollte Miriam Makeba im Exil verbringen.
In London lernte sie Harry Belafonte kennen, der zu ihrem persönlichen Mentor wurde und sie bei der Erlangung einer Einreisegenehmigung in die USA unterstützte. Er verschaffte ihr auch Engagements in den bedeutendsten Clubs von Los Angeles und New York. Bei der legendären Geburtstagsparty von John F. Kennedy im Madison Square Garden 1962 sang Miriam Makeba ihre Version von „Wimoweh“ („The Lion Sleeps Tonight“). Gemeinsam mit Harry Belafonte gewann sie als erste afrikanische Künstlerin einen Grammy.
In ihrer berühmten Rede vor den Vereinten Nationen verlangte Makeba 1963 den Boykott des südafrikanischen Apartheid-Regimes, was dazu führte, dass ihr die Staatsbürgerschaft entzogen und der Verkauf ihrer Alben in Südafrika verboten wurde. Doch all dies konnte nichts an ihrer Popularität ändern. Makeba avancierte zur Ikone des Widerstandes der Schwarzen und genoss in vielen afrikanischen Ländern, die sich zu dieser Zeit gerade in einer Phase des Umbruchs befanden, höchstes Ansehen. So auch im westafrikanischen Guinea, wo sie gemeinsam mit ihrem neuen Ehemann Zuflucht fand. Denn auch in den USA wurde Makeba zur Persona non grata, als sie den Black-Panther-Aktivisten Stokeley Carmichael heiratete. In der Zeit, die sie in Guinea verbrachte, entstand eine Reihe herausragender Alben wie „The Promise“ oder „Miriam Makeba And Her Guinea Quintet“ (1975). Auch nach der Trennung von Carmichael blieb sie in Guinea und arbeitete als UN-Botschafterin des Landes. Ins internationale Musikbusiness stieg Makeba erst wieder 1987 im Rahmen der Graceland-Tour von Paul Simon ein.

Nach seiner Haftentlassung im Februar 1990 trat Nelson Mandela persönlich an sie heran und bat sie, wieder in ihre Heimat zurückzukehren, was sie auch unversehens tat. Sie lebt heute in Johannesburg, wo sie ihrem Beinamen „Mama Africa“ unter anderem dadurch gerecht wird, dass sie sich für in Not geratene junge Frauen engagiert. Ihr letztes Album „Reflections“ erschien 2004 und stellt eine Art Retrospektive auf ihre produktivsten Jahre dar. Bei den Interpretationen von „Pata Pata“, „Click Song“ oder „Mas Que Nada“ wurde ganz bewusst auf den Sound der jeweiligen Entstehungsjahre Rücksicht genommen.
Eine großartige Künstlerin und Kämpferin für Frieden und Gerechtigkeit zieht sich – zumindest als Live-Musikerin – in ihren wohlverdienten Ruhestand zurück. Wir ziehen den Hut.

Der Autor ist hauptberuflich Landschaftsplaner und seit zwölf Jahren nebenberuflich als Musikjournalist in den Bereichen Jazz und World Music tätig.

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