Menschen, die bewegen

Von Christina Schröder · ·
Portrait von Anson Samuel
Anson Samuel engagiert sich für queere und von Diskriminierung betroffenen Menschen © Christina Schröder

Anson Samuel

Anson Samuel ist 37 Jahre alt und kommt aus einer katholischen Familie in Mumbai, Indien. Er absolvierte das Priesterseminar und gleichzeitig ein Physik- und Philosophiestudium. Währenddessen arbeitete er mit Jugendlichen in einem Zentrum zur Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaft und Religion. Danach ging er ein Jahr lang ehrenamtlich als Lehrer in den Nord-Osten Indiens, in eine gebirgige Region in der Nähe von Assam.
2015 kam er nach Wien und studierte Theologie und Musik. Weil Samuel der soziale Aspekt hier fehlte, gründete er 2019 mit einem Freund den Verein The Upper Room zur Förderung von interkulturellem und interreligiösem Dialog, u.a. über künstlerische Betätigungen, wie Musicals.
Seit Herbst 2023 ist Samuel Stadtjugendreferent bei der Diözese Linz und Geistlicher Assistent der Katholischen Jugend OÖ. Sein Herzensanliegen ist bei all seinem Engagement die Schaffung von intersektionalen Safe Spaces, Räume für queere und von Diskriminierung betroffene Menschen.

Was bedeutet Ihnen Ihr Glaube?
Zu glauben bedeutet Vertrauen zu haben – in die Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit. Das ist für mich Gott.

Welchen Rat geben Sie Menschen, die von anderen diskriminiert werden?
Ich versuche ihnen klarzumachen, dass es in Wahrheit nicht um sie als Person geht. Oft wird man zur Projektionsfläche der Ängste und Vorurteile von anderen. Das heißt nicht, dass man Angriffe einfach hinnehmen soll. Man sollte sich der Diskriminierung bewusst sein und sie möglichst nicht internalisieren.

Was führt Ihrer Meinung nach zur Ablehnung von queeren Menschen?
Ich denke, viele schaffen es nicht, den Sprung von einem negativen Vorurteil zu einer echten Begegnung des Gegenübers zu machen.

Was machen Sie, wenn Sie fühlen, dass Sie bei einem Gegenüber mit Ihrer Meinung auf Widerstand stoßen?
Wenn ich erkenne, dass sich jemand meinen Argumenten völlig verschließt, versuche ich zur Einigung zu kommen, dass wir uns nicht einigen werden. Wenn nötig nehme ich dann Abstand – auch, um mich selbst zu schützen. 

Worauf achten Sie, wenn Sie jemandem zum ersten Mal begegnen?
Ich schätze sehr, wenn ich Aufrichtigkeit und Hingebungsfähigkeit bei wem anderen spüre.

Was macht Sie zufrieden?
Essen und für andere kochen – insbesondere indische Gerichte.

Die Antwort auf welche Frage wünschen Sie sich gerade am meisten?
Wie lange Menschensich bestimmten Weltanschauungen hingeben können, ohne zu merken, dass sie andere dadurch verletzen. Sei es in Beziehungen oder in Bezug auf globale Themen wie Krieg und Klimakrise.

Wovon braucht die Welt am meisten um eine bessere zu werden?
Begegnungen von Menschen, die einander wertschätzen, so wie sie sind. Wir brauchen eine Welt, die keine Safe Spaces mehr braucht, weil sie einer ist.

Welche gute Tat kann jede:r hierzulande heute noch tun?
Nicht Angst davor haben mit kleinen Schritten zu beginnen. Mich inspirieren die Worte des persischen Dichters Rumi: Du bist nicht ein Tropfen im Ozean, du bist der gesamte Ozean in einem Tropfen.

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