
Anfang des Jahres haben wir im Südwind-Magazin einen regierungskritischen Bericht des Reporters‘ Collective, einem Zusammenschluss von Investigativjournalist:innen in Indien, veröffentlicht. Wie die Regierung ihre Arbeit zunehmend erschwert, haben uns die Autorin Tapasya und der Gründer Nitin Sethi auf unsere Nachfrage hin per E-Mail geschrieben.
Wie ist es um die Pressefreiheit in Indien unter Premierminister Narendra Modi bestellt?
In den Jahren unter der Regierung Modis ist Indien in der Rangliste der Pressefreiheit immer weiter abgerutscht: Aktuell liegt es auf Platz 151 von 180 Ländern. Die Pressefreiheit wird zunehmend durch zweifelhafte neue Vorschriften, eine selektive Umsetzung bestehender Gesetze, Zensur und die Ausgrenzung kritischer Stimmen in der Berichterstattung beschnitten. In mehreren unabhängigen Medienhäusern wurden unverhältnismäßig groß angelegte Razzien durchgeführt. Viele Journalist:innen wurden der Aufwiegelung bezichtigt, weil sie kritisch über die Regierung berichtet hatten. Außerdem werden immer wieder Lokalreporter:innen bei ihrer Arbeit vor Ort bedroht.
Inwiefern werden Sie in Ihrem investigativen Journalismus eingeschränkt?
Mittlerweile haben sich die großen Redaktionen weitgehend aus der investigativen Berichterstattung zurückgezogen. Nun liegt die Verantwortung diese weiter zu betreiben bei kleinen, unabhängigen Redaktionen und Journalist:innen – bei uns. Dadurch sind wir auch in den Fokus der Machthabenden geraten und müssen mit immer weniger Ressourcen auskommen. Während Unternehmen mit Verleumdungsklagen gegen uns vorgehen, nutzt die Regierung alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel, um die Berichterstattung zur Regierungsarbeit zu unterbinden. So wurde der „Right To Information Act“, ein Gesetz, das den Bürger:innen seit 2005 den Zugang zu staatlichen Rechenschaftsberichten verschafft, gelockert und die Finanzierung des Journalismus eingeschränkt. Dies hat den investigativen Journalismus in Indien in eine prekäre Lage gebracht.
Warum muss das Reporters‘ Collective nun ums Überleben kämpfen?
Wir arbeiten als gemeinnützige Organisation. Als solche waren wir von der Einkommenssteuer befreit. Kürzlich hat uns die Regierung jedoch rückwirkend die Steuerbefreiung entzogen, mit der Begründung, unsere Berichterstattung komme nicht der Gesellschaft zugute. Sogar Stiftungen, die unabhängigen Journalismus fördern, werden unter Druck gesetzt. Unsere institutionellen Geldgeber haben sich zurückgezogen und auch andere tun es ihnen gleich. In der Folge mussten wir unser Team verkleinern. So kämpfen wir derzeit an mehreren juristischen Fronten, um uns gegen die Anordnungen der Regierung zu wehren und versuchen gleichzeitig finanzielle Mittel aufzustellen, um unsere journalistische Arbeit fortsetzen zu können.
Wie kann dies sichergestellt werden und welche Maßnahmen ergreifen Sie?
Wir haben uns an die Gerichte gewandt, um unsere Rechte als Journalist:innen zu verteidigen. Aber in Indien sind solche Verfahren mühsam und langwierig. Diesen Prozess zu führen, kommt einer Bestrafung gleich. Wir versuchen jetzt im ganzen Land durch Treffen und Gespräche die Zivilgesellschaft über diese Entwicklungen zu informieren. Es ist ein echt harter Kampf, den wir da gegenwärtig führen. Aber wir tun es so gut, wie wir können.
Tapasya undNitin Sethi arbeiten im und für das indische Reporters‘ Collective. Mit ihrer spendenbasierten Arbeit bereiten sie Themen von öffentlichem Interesse mehrsprachig und medienübergreifend auf, um Machtstrukturen transparent zu machen. Das Kollektiv ist Teil des Global Investigative Journalism Network, dem weltweit 251 Mitglieder in 95 Ländern angehören. www.reporters-collective.in
Archivtipp: Im Rahmen des Dossiers „Fake News auf der Spur“ (SWM 1/2025) hat Tapasya vom Reporters’ Collective berichtet, wie staatliche Programme, die Frauen vor Gewalt schützen sollen, in der Praxis versagen.
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