Segen mit Vorbehalt

Von Rober Poth · · 1999/01

Die Entwicklungsländer könnten mittelfristig vom Euro profitieren – umso eher das gestörte Vertrauen in die aufstrebenden Märkte des Südens und Ostens wiederhergestellt wird.

Wenn es auf den Finanzmärkten der reichen Länder interessant wird, ist für die Entwicklungsländer meist Feuer am Dach. Als Anfang der achtziger Jahre die Zinsen in den USA drastisch stiegen, wurden ihre Dollar-Schulden über Nacht zu einem anhaltenden Alptraum. Skepsis scheint auch gegenüber dem Euro geboten: Die neue Währung ist schließlich kein Instrument der Entwicklungspolitik, sondern ein strategisches Projekt im Interesse der Europäischen Union. Fällt dabei auch für den Süden etwas ab?

Kurzfristig bringt die Einführung des Euro lediglich die Umstellung auf eine neue Verrechnungs- und Zahlungseinheit im internationalen Handel und den Wegfall des Währungsumtauschs innerhalb der Eurozone. Diese Umstellung wird vor allem in jenen Regionen erfolgen, die wirtschaftlich eng mit der Eurozone kooperieren. Das sind neben den zentral- und osteuropäischen Reformländern die Länder des Mittelmeerraums sowie Afrikas südlich der Sahara, die bis zu 50% ihres Außenhandels mit der EU abwickeln.

Ein Sonderfall sind die 14 Länder der „Communauté Financičre Africaine“ (CFA) in West- und Zentralafrika, deren Währung, der CFA-Franc, fest an den französischen Franc gebunden war und dessen Konvertibilität durch das französische Schatzamt garantiert wird. Einzige Änderung: der Wechselkurs wird nun gegenüber dem Euro fixiert. Gleichartige Regelungen gelten etwa für den Komoren-Franc und den Kap-Verde-Escudo.

Für die Entwicklungsländer bringt der Euro jedenfalls zwei Vorteile: Erstens geringere Transaktionskosten bei Exporten in die Eurozone und einen besseren Marktzugang, und zweitens kann mit wachsender Verwendung des Euro die Währungszusammensetzung der Auslandsschulden besser an die Struktur der Deviseneinnahmen angepaßt und das Wechselkursrisiko verringert werden. Ende 1996 waren laut Weltbank 50,2% der Auslandsschulden der Entwicklungsländer in US-Dollar denominiert, 15,8% in europäischen Währungen. Wer etwa vor allem Euros verdient, wäre mit Euroschulden besser dran.

Alle übrigen Euro-Prognosen sind mit Vorbehalt zur Kenntnis zu nehmen. So soll etwa die durch den Euro bewirkte höhere Effizienz des Binnenmarkts zu stärkerem Wachstum und zu steigenden Exportchancen für Entwicklungsländer führen. Ebenso heißt es, der Euro könnte als „Ankerwährung“ für wirtschaftliche Stabilität in seiner Einflußzone sorgen. Voraussetzung wäre aber die „Euro-Reife“: Wer seine Währung an den Euro bindet, hat sich an der Stabilitätspolitik der Europäischen Zentralbank zu orientieren.

Was andernfalls passiert, haben die CFA-Länder 1994 erlebt, als ihr Franc auf Drängen des Internationalen Währungsfonds um 50% abgewertet wurde. Und in Zeiten „hoher Volatilität“ auf den Kapitalmärkten können Währungen auch „weit unter ihrem Gleichgewichtswert“ gehandelt werden, wie durch die Asienkrise geläuterte Finanzexperten einräumen.

Ähnliche Skepsis ist gegenüber zwei weiteren Prognosen angebracht: Die Stabilität des Euro würde zu günstigeren Finanzierungsmöglichkeiten für Entwicklungsländer führen, da mit sinkenden Zinssätzen auf den Kapitalmärkten der Eurozone zu rechnen wäre; zudem würde der Wegfall des internen Wechselkursrisikos das Potential für Portfolio-Investitionen im Süden erhöhen.

Tatsächlich wird das verfügbare Investitionskapital in Europa in nächster Zeit gewaltig zunehmen. Nach Angaben der Bank of England wird sich das Vermögen der Pensionsfonds in der EU von 1996 bis 2001 von 630 Mrd. US-Dollar auf 1.800 Mrd. erhöhen, das der Versicherungen von 2.600 auf 6.300 Mrd. „Hot Money“ ist aber nicht das, was etwa in Afrika und Lateinamerika am ehesten gebraucht wird; und für die zinsgünstige Finanzierung von Anleihen und Darlehen müßte sich das derzeit gestörte Vertrauen in die „emerging markets“ erst nachhaltig erholen.

Und danach sieht es vorerst nicht aus. Im Gegenteil: Anfang Jänner begann der US-Dollar rapid an Wert gegenüber dem Yen zu verlieren, was laut Analysten das befürchtete „Platzen“ der spekulativen Blase an der New Yorker Wall Street beschleunigen könnte. Dies wiederum könnte den Boom der US-Wirtschaft stoppen, während Japan durch den starken Yen keinen Aufschwung zustande brächte. Gleichzeitig würde der starke Euro die Exportchancen der Eurozone weiter unterminieren – ein düsteres Szenario.

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