Simón Bolívar, Befreier Südamerikas. Geschichte und Mythos.

Von Redaktion · · 2011/11

Michael Zeuske

Sachbuch. Rotbuch Verlag, Berlin 2011, 173 Seiten, € 13,40

Die Renaissance des Bolivarianismo, auf deutsch am besten mit Bolivarismus übersetzt, ist heute in Lateinamerika in voller Fahrt. Sie wird im allgemeinen mit dem venezolanischen Staatschef Hugo Chávez verbunden. Der Bolivarismus zieht sich jedoch schon seit fast zwei Jahrhunderten wie ein roter Faden durch die Geschichte Lateinamerikas. Einmal mehr und einmal weniger stark. Die Vereinigung der Länder der südlichen Hemisphäre Amerikas gegen den Norden ist eine konstante Idee im Denken fortschrittlicher Köpfe und Regierungen Lateinamerikas. Diese Utopie steht heute einer zumindest teilweisen Verwirklichung so nahe wie noch nie zuvor – was zweifellos ein Verdienst des venezolanischen Präsidenten und Bolívar-Verehrers ist.

Es gehört wohl auch zum Bolívar-Mythos, dass Chávez im vergangenen Jahr die sterblichen Überreste des Befreiungshelden von fünfzig Kriminaltechnikern exhumieren ließ. Nach der offiziellen Version starb Bolívar am 17. Dezember 1830 in Santa Marta im Norden Kolumbiens an Tuberkulose, als er sich gerade ins europäische Exil einschiffen wollte. Chávez ist anderer Meinung. „Ich bin nicht davon überzeugt, dass Bolívar an Tuberkulose gestorben ist. Ich glaube, Simón Bolívar wurde getötet. Ich habe keinen Beweis, aber ich denke, dass er ermordet wurde“, so der venezolanische Präsident.

Der Autor Michael Zeuske, einer der besten Kenner der Geschichte Lateinamerikas, insbesondere des karibischen Raumes, präsentiert keine chronologisch gegliederte Biographie des Befreiers, sondern ihn interessiert vor allem der Mythos rund um Bolívar. Ab 1810 entstand eine Vielzahl von Porträtbildern, von Medaillen und Denkmälern des Helden. Er lebt in vielen Erzählungen und Liedern und in mündlichen Versionen der Geschichte der Unabhängigkeit Südamerikas weiter. Bolívarstatuen und -büsten gibt es nicht nur in allen Winkeln Lateinamerikas, sondern auch in vielen Großstädten der Welt, in London und in New York, in Hamburg – und auch in Wien im 22. Bezirk im Donaupark.

Die Botschaft, die sich mit Bolívar und seinem Mythos verbindet, ist relativ simpel. Es ist die Erzählung von einem außergewöhnlichen Menschen, von einem Helden, der durch Mut und Entschlossenheit faktisch einen ganzen Kontinent, Südamerika, befreit hat. Michael Zeuske spannt den Bogen bis in die Gegenwart. Je nach Bevölkerungsschicht wird ein entsprechend zugeschnittener Bolívar verehrt. Der mulattische Bolívar mit einem dunkelhäutigen Gesicht ist der Kämpfer für Gleichheit, für Agrarreformen und gegen Sklaverei. Der indianische Bolívar wird als Nachfolger des rebellischen Kaziken Guaicaipuro gezeichnet, der Mitte des 16. Jahrhunderts den Widerstand gegen die Spanier anführte. Und dann gibt es noch den Bolívar der Intellektuellen und Literaten, wie ihm etwa Gabriel García Márquez in seinem Roman „Der General in seinem Labyrinth“ ein Denkmal setzte.
Werner Hörtner

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