Treue Diener ihrer Gesellschaft

Von Martin Jäggle · · 1999/06

Der Schock über den Tod von Marcus Omofuma sitzt den ÖsterreicherInnen nicht wirklich in den Gliedern.

Marcus Omofuma, österreichischer Schubhäftling aus Nigeria, ist tot. Und daran ist nichts zu ändern, auch wenn er nicht gewollt war, sondern „nur“ passiert ist, wie so vieles in Österreich. Sein Versuch, in Österreich lebensrettendes Asyl zu bekommen, hat ihn das Leben gekostet. Ein sinnloser Tod, oder?

Die jahrelange Aufweichung der österreichischen Rechtsordnung zu Lasten von AusländerInnen verbunden mit Einschränkungen von Versicherungs- und Sozialleistungen wäre ohne eine gesunde Basis in der Bevölkerung nicht möglich gewesen. Und so sitzt der Schock über diesen Tod der Gesellschaft nicht wirklich in den Gliedern.

Daß die begleitenden Polizisten aus Wien waren, sollte nicht unbeachtet bleiben. Die Wiener Polizei hat ein – auch international – mehrfach aktenkundiges Problem im Umgang mit Menschen aus Afrika.

Aus anderer Sicht: Menschen aus Afrika können leicht Probleme bekommen, wenn sie in Wien beamtshandelt werden. Doch jede „Bullenschelte“ ist billig, sind doch Polizisten (und auch Polizistinnen) nicht eine besondere Menschengattung, sondern Kinder dieser Gesellschaft, die sich derzeit ausgiebig auf den Leserbriefseiten zu Wort meldet: Genau genommen wäre der „Schübling“ selbst an seinem Tod schuld.

Und diese Gesellschaft ist auch im Nationalrat präsent, wo rassistische Äußerungen folgenlos bleiben. Nach Helene Partik-Pablé, von Beruf immerhin Richterin, sind Schwarzafrikaner „offensichtlich“ von Natur aus ganz besonders aggressiv. „Sie sind meist illegal hier, sie sind meistens Drogendealer, und sie sind ungeheuer aggressiv.“

Die Abgeordnete Doris Pollet-Kammerlander verlangt einsam die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Richterin, doch geschehen wird sicher nichts.

Rassistische Äußerungen und Aktivitäten gelten in Österreich nicht als sonderlich problematisch. Das gesellschaftliche Sensorium für dieses Problem ist – vornehm ausgedrückt – unterentwickelt. Es ist doch typisch, daß es in Frankreich eine Organisation „SOS-Rassismus“ gibt und in Österreich „SOS-Mitmensch“.

Wäre neben allen bereits geforderten politischen Maßnahmen vielleicht Rassismus nun doch ein dringendes politisches – und auch pädagogisches – Thema, das derzeit noch unter allgemeiner Ausländerfeindlichkeit verschüttet ist?

Der Tod von Marcus Omofuma muß jedenfalls nicht sinnlos bleiben!

Übrigens: Die „Gruft“, ein renommiertes und vielfach beispielhaftes Obdachlosenasyl in Wien-Mariahilf konnte, so sehr es den Beteiligten auch unangenehm war, nur aufgebaut werden, weil keine ausländischen Obdachlosen aufgenommen worden sind.

„Lernen Sie Geschichte!“, sagte einst ein Bundeskanzler zu einem Jungjournalisten. Aus der Geschichte österreichischer Ministerverantwortlichkeit lerne ich, daß viele Minister aus unterschiedlichsten ehrbaren oder auch weniger ehrbaren Gründen gegangen sind oder gehen mußten, aber – so weit ich mich erinnern kann – nur ein Minister aus eigenem Entschluß wegen politischer Verantwortung zurückgetreten ist: Theodor Piffl-Percevic. Der Rücktritt des damaligen Unterrichtsministers jährt sich heuer zum dreißigsten Mal. Grund damals: Fehlinformation durch Spitzenbeamte über die angebliche Durchführbarkeit des 13. Schuljahres.

Basic

Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!

  • 6 Ausgaben pro Jahr als Print-Ausgabe und/oder E-Paper
  • 48 Seiten mit 12-seitigem Themenschwerpunkt pro Ausgabe
  • 12 x "Extrablatt" direkt in Ihr E-Mail-Postfach
  • voller Online-Zugang inkl. Archiv
ab € 25 /Jahr
Abo Abschließen
Förder

Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.

Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

84 /Jahr
Abo Abschließen
Soli

Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!

Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

168 /Jahr
Abo Abschließen