Wenn gefährliche Hunde lachen

Von Redaktion · · 2011/10

Maxi Obexer

Roman. Folio Verlag , Wien / Bozen 2011, 165 Seiten, EUR 22,90

Migration und Flucht sind zur Zeit Thema vieler Bücher. So auch von Maxi Obexers Erstlingsroman. Die Geschichte an sich haben wir schon oft gehört: Eine junge Frau bricht mit großen Hoffnungen von Nigeria Richtung Europa auf, wofür die Familie ihre gesamten Ersparnisse zusammengekratzt hat. Der Roman beginnt, als sich Helen bereits mitten auf ihrer Reise befindet. Sie ist in Begleitung von Benjamin. Die Nähe und Vertrautheit zwischen den beiden lässt die Möglichkeit einer Liebesbeziehung offen.

Helens Weg nach Europa wird in Bruchstücken erzählt, in Momentaufnahmen und vor allem in den Briefen – auch den ungeschriebenen – an Helens Familie in Nigeria. Was sie berichtet, weicht immer mehr von der Realität ab, bis sie sogar eine Kunstfigur für sich selbst erfindet. Zu schrecklich sind ihre Erlebnisse, als dass sie sie mit sich selbst in Verbindung bringen möchte. Auf dem Weg nach Europa gehen nicht nur sämtliche materiellen Werte der Reisenden verloren, sondern auch ihre Fähigkeit zu vertrauen und jeglicher Begriff von „Normalität“.

Obexer, die über reichlich Theatererfahrung verfügt, erzählt rasant und in schnörkelloser Sprache – ohne sich um sprachliche Authentizität zu bemühen. Helen ist als literarische Figur glaubwürdig.

Europa wird nicht explizit mit erhobenem Zeigefinger als unmenschlich angeklagt. Es ist die Kluft zwischen den Träumen und Sehnsüchten einer ganz normalen jungen Frau und der Wirklichkeit, die Europa so grausam und monströs erscheinen lässt. Helen war in Nigeria weder bitterarm noch politisch verfolgt. Mit ihrer Geschichte erzählt die Autorin kein Einzelschicksal, sondern sie folgt gewissermaßen der Aussage einer ihrer Figuren: „Es mögen immer wieder die gleichen alten Wahrheiten sein, die ständig von Neuem begraben werden, daher ist, wer sie anspricht, auch derjenige, der sie zum Leben erweckt und der ihre frische und junge Kraft wieder auferstehen lässt.“ Ein lesenswerter Beitrag der Literatur zur politischen Debatte.
Irmgard Kirchner

Tipp
fremd.worte: Lesung wider das Fremdsein. Maxi Obexer und Doris Byer lesen aus ihren Texten. Veranstaltet von Diakonie Flüchtlingsdienst in Kooperation mit dem Literaturhaus Wien.
21.10.2011, Literaturhaus Wien, 1070

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