Wie China mitmischt

Von Sebastian Rosenauer · ·

Susanne Weigelin-Schwiedrzik nimmt in ihrem neuen Buch China in den Fokus und schaut sich an, welche Veränderungen sich aktuell auf geopolitischer Ebene abzeichnen. 

Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine stehen internationale Machtkämpfe wieder im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die in Wien lebende deutsche Sinologin Susanne Weigelin-Schwiedrzik widmet sich in ihrem Buch „China und die Neuordnung der Welt“ (Mitherausgeber ist Hannes Androsch) diesen Verschiebungen, wobei die Volksrepublik China gleich an mehreren Fronten eine wichtige Rolle spielt.

Etwa im Ukraine-Krieg, bei dem China versucht eine „mittlere Position“ einzunehmen: Während Russland historisch zu den wichtigsten Partnern Chinas gehört, ist auch die Ukraine, als Teil der neuen Seidenstraße, in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden.

China und die Ukraine haben sich in Verträgen gegenseitig zugesichert die territoriale Integrität des anderen – im Falle Chinas heißt das inklusive Taiwan –  zu unterstützen. 

Peking bekannte sich zur territorialen Souveränität der Ukraine, ohne aber zu konkretisieren, wie es im Kriegsfall reagieren würde.

Vermittler und Konfliktpartei
China habe Interesse an einem baldigen Ende des Krieges und könnte als außenstehender geopolitischer Akteur moderierend eingreifen und Strukturen für Aushandlungen zur Verfügung stellen, so Weigelin-Schwiedrzik. Die erfolgreiche Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg könnte China erhebliches diplomatisches Kapitel einbringen. Bisher haben die chinesischen Friedenspläne allerdings noch nicht gefruchtet.

Im südchinesischen Meer hingegen sei China, so Weigelin-Schwiedrzik, selbst Teil des Territorialkonflikts um Taiwan und stehe den weltpolizeilichen Ansprüchen der USA gegenüber. Überzeugend legt die Autorin dar, wie Peking sein strategisches Machtkalkül hinter einem nationalistischen Wiedervereinigungsnarrativ verschleiert.

Europäische Position entscheidend
Mit ihrer tiefen Kenntnis internationaler Politik entwirrt Weigelin-Schwiedrzik komplexe Dreiecksbeziehungen zwischen China, Russland, den USA und der EU. Trittsicher nimmt sie dabei die übergeordnete Frage in Angriff, wie die Welt nach einem möglichen Ende der geopolitischen Vormachtstellung der USA aussehen könnte.

Überraschenderweise fällt ausgerechnet dem vermeintlich schwachen Europa eine zentrale Rolle bei der diplomatischen Aushandlung dieser neuen Weltordnung zu. Wie sich Europa zu China positioniere, könnte mittelfristig über Krieg und Frieden auf der Welt entscheiden, so die Autorin.

Sie verzichtet in diesem Buch auf wissenschaftlichen Jargon und schreibt damit für ein breites Publikum: von politischen Entscheidungsträger:innen bis hin zu interessierten Lai:innen. Mit ihrer jahrzehntelangen Expertise im Bereich Sinologie liefert Weigelin-Schwiedrzik tiefgehende Hintergründe zur Logik chinesischer Außenpolitik und verschafft Leser:innen einen einzigartigen Überblick, der sonst nicht in dieser Qualität zu finden ist.

Zur Autorin
Susanne Weigelin-Schwiedrzik ist Sinologin und Politikwissenschaftlerin und war bis 2020 Professorin für Sinologie an der Universität Wien. In den 1970er Jahren reiste sie zum ersten Mal nach China und erlebte dort das Ende der Kulturevolution und das Ableben Mao Zedongs und die Folgen aus nächster Nähe. Als ausgewiesene Expertin für internationale Beziehungen ist die eine gefragte Interviewpartnerin im In- und Ausland.

Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Hannes Androsch (Hrsg.):
China und die Neuordnung der Welt
Brandstätter Wien, 2023, 216 Seiten, € 22

Sebastian Rosenauer ist freier Journalist und schreibt für verschiedene österreichische Medien.

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