Zär’a Yaqob. Eine äthiopische Weltanschauung

Von Werner Hörtner · · 2008/09

Viktoria Frysak/Bekele Gutema (Hg.)

Edition Viktoria, Wien 2008, 134 Seiten, € 18,80

Die Lebenszeit des im Jahr 1600 als Sohn einer Bauernfamilie im äthiopischen Hochland geborenen Zär’a Yaqob war geprägt von politischen Turbulenzen, ausgelöst durch den steigenden Einfluss der seit Mitte des vorigen Jahrhunderts zugewanderten jesuitischen Missionare. Durch den Druck der Jesuiten auf Kaiser Susneyos (1607 – 1632) erklärte dieser statt der altorientalischen koptischen Kirche den Katholizismus zur Staatsreligion, musste aber wegen blutiger Aufständen schon wenige Jahre darauf zurücktreten.
Die Auseinandersetzungen im Äthiopien des 17. Jahrhunderts führten den wissbegierigen Bauernsohn zu ethischen und metaphysischen Reflexionen, in deren Mittelpunkt die menschliche Vernunft steht. Die Vernunft ist auch die letzte Richterin in Fragen von Glaube und Wahrheit. Zär’a Yayob stellt zwar nicht die göttliche Ordnung an sich in Frage, sehr wohl jedoch die menschliche Praxis bei der Umsetzung dieser Ordnung. So würden z.B. die Fastengebote und das Klosterleben der göttlichen Ordnung entgegenstehen, während die Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie die Gleichheit der Völker dieser Erde für Zär’a Yaqob eine direkte Folge dieser Ordnung sind.
Durch eine Denunziation musste der Philosoph von seiner Lehrerstelle flüchten und verbrachte zwei Jahre in einer versteckten Höhle. In dem knapp 40 Seiten langen Vermächtnis des äthiopischen Denkers sind die vielen Überlegungen, die ihn in der Höhle und auch in der Zeit danach beschäftigten, zusammengefasst. Ein bestechendes Dokument menschlicher Geistesgeschichte, eindrucksvoll nicht nur wegen der Ergebnisse, sondern auch der Rahmenbedingungen. Zär’a Yaqob konnte nicht auf eine reiche Tradition von Wissenschaft und Philosophie zurückgreifen wie etwa Descartes, Spinoza oder Leibniz. Er begann gleichsam von Null – und kam trotzdem zu ähnlichen Ergebnissen wie die großen Vordenker der europäischen Aufklärung. Wie schon die beiden vorher in der Edition Viktoria erschienenen Titel (siehe SWM 12/07 S.48) ist auch dieser Band sorgfältigst redigiert und mit allen erforderlichen Informationen zum Verständnis des zeitlichen und weltanschaulichen Umfeldes ausgestattet.

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