Zeit für den großen Umbruch

Von Nora Holzmann · · 2013/04

Ein Übergang hin zu einer nachhaltigen und gerechten Welt – dafür setzt sich die „Great Transition“-Bewegung ein. Langsam fasst sie auch hierzulande Fuß.

Stellen wir uns vor: Was für eine Welt wollen wir? Wie wäre es mit einer, in der alle Menschen ein erfülltes Leben führen, miteinander solidarisch sind und sich im Einklang mit der Natur einen gesunden Planeten teilen? Dieses Szenario ist die Vision der weltweiten  „Great Transition“-Bewegung, die sich für einen Übergang hin zu einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft einsetzt. Ihren Ursprung fand sie vor mehr als zehn Jahren in den USA, wo ein internationaler Think Tank über eine wünschenswerte Zukunft nachdachte. Fazit der wissenschaftlichen Analysen: So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen. Dass Konsum mit Glück und Wohlbefinden gleichgesetzt wird, richtet über kurz oder lang die Welt zugrunde. Außerdem wird uns in naher Zukunft das Erdöl ausgehen, und das wird fundamental unsere Lebensweise in Frage stellen. Was also tun? 2003 wurde die „Great Transition Intitiative“ gegründet, in der sich hunderte WissenschaftlerInnen und AktivistInnen aus der ganzen Welt vernetzen, um gemeinsam notwendige Veränderungen unseres Werte- und Wirtschaftssystems herbeizuführen. Von den USA aus hat sich die Bewegung in den englischsprachigen Raum, in viele europäische Länder und vereinzelt auch in Länder des globalen Südens ausgebreitet.

In Österreich kommt sie in den letzten Jahren langsam an. Josef Kreitmayer, Aktivist und Netzwerker, hat sich viel mit dem Thema „Great Transition“ beschäftigt. „Eine Bewegung, die sich ihrer selbst bewusst ist, gibt es in Österreich noch nicht“, sagt er. Dabei tue sich unglaublich viel, in den letzten Jahren seien jede Menge Initiativen entstanden, die man zur „Great Transition“-Bewegung rechnen könnte, ob die Solidarische Ökonomie-Bewegung, die Initiative „Wachstum im Wandel“ oder die Verbreitung neuer Ansätze zur Projektentwicklung wie etwa Dragon Dreaming. Weltweit gebe es an die 5.000 Transition-Initiativen. „Du kannst loslegen und dich sofort als Transition-Initiative bezeichnen, da wird sehr frei damit umgegangen“, sagt Kreitmayer. Wichtig dabei sei eine neue Sicht auf die Welt – nicht linear, dualistisch und nur wissenschaftlich-rational, sondern ganzheitlich und systemisch.

Ein sehr praxisorientierter und lokaler Ansatz innerhalb der „Great Transition“-Bewegung sind die „Transition Towns“, von denen es weltweit um die 400 gibt. Auch in Österreich starten erste Versuche. Eine Ortschaft, die sich als „Transition Town“ bezeichnet, versucht, sich auf einen möglichen Kollaps des Wirtschaftssystems und der Energieversorgung vorzubereiten – indem sie selbst Nahrungsmittel produziert, in erneuerbare Energien investiert und lokale Wirtschaftskreisläufe fördert.

Kreitmayer sieht im ländlichen Raum hierzulande viel Potenzial. Über das Klimabündnis, das mit unzähligen Gemeinden zusammenarbeitet, könnte man gut andocken. Derzeit gebe es aber noch keine Gespräche in die Richtung. „NGOs in Österreich sind sich des Themas überhaupt nicht bewusst“, so Kreitmayer.

Dass das anders wird – nicht nur hier, sondern europaweit – dazu will die Smart-CSO-Initiative beitragen. Koordiniert wird sie von Köln aus durch Michael Naberhaus, der sich vor drei Jahren, als er noch beim WWF Großbritannien tätig war, mit dem Thema der „Great Transition“ zu beschäftigen begann. Das Netzwerk zählt mittlerweile um die 200 AkteurInnen; engagierte Einzelpersonen aus diversen Organisationen – von Greenpeace und Friends of the Earth über GermanWatch bis zur NGO-Plattform CONCORD – sind darin vertreten. „Grundüberzeugung ist, dass zivilgesellschaftliche Organisationen zu sehr im System arbeiten und dadurch nicht helfen, eine notwendige Veränderung herbeizuführen“, erklärt Naberhaus. „Wir müssen Ansätze finden, wie wir in Richtung eines veränderten Wirtschaftssystems arbeiten können. Außerdem haben wir uns in unserer Arbeit oft stark von unseren Grundwerten entfernt. Wir transportieren sie nicht mehr in unseren Kampagnen und leben sie auch nicht selbst innerhalb der Organisationen vor.“ Die „Smart CSOs“ wollen AkteurInnen und Projekte innerhalb der „Great Transition“-Bewegung – und dazu zählt Naberhaus auch die Occupy-Bewegung oder die protestierenden „Indignados“ in Spanien – unterstützen und Wege finden, die „Great Transition“ als zivilgesellschaftliche Organisationen voranzutreiben.

Was aber kann man als Einzelperson tun, wenn man zum Übergang zu einer besseren Welt beitragen will? Josef Kreitmayer rät, sich erst einmal einzulesen, zum Beispiel mit Büchern aus der Zukunftsbibliothek, die er vor kurzem in Wien eröffnet hat. Und man könne sich natürlich laufenden Initiativen anschließen. Die Bandbreite der Ansätze sei groß. Viele engagierte Menschen seien auch spirituell motiviert, fänden Inspiration in alten Kulturen.

Alle hätten aber etwas gemeinsam, so Kreitmayer: „Letztendlich geht es darum, wie wir unser Leben in Zukunft positiv gestalten wollen.“ 

Mehr Informationen unter:
www.gtinitiative.org
transitionaustria.ning.com
getactive.org
www.smart-csos.org

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